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26.09.16 Erhaltet das Paul-Friedl-Haus!

Leserbrief an den Grafenauer Anzeiger

Als Zwiesler habe ich sicher kein Recht die Spiegelauer zu kritisieren, denn in meiner Heimatstadt wurde schon soviel alte Bausubstanz zerstört, gegenwärtig wird gerade der alte Binderanger, der Stadtteil der Binderzunft auf einer Regeninsel, platt gemacht. Alles „oite Woudan“ wurde der Bauunternehmer zitiert, der gerade dabei ist eine Batterie moderner Wohn- und Geschäftshäuser dort zu bauen, Häuser, wie sie überall stehen könnten, in Hamburg oder Chemnitz. Aber die Stadt ist halt froh über jede Investition und schon Paul Friedl, der ja lange Jahrzehnte in Zwiesel gewirkt hat, hat irgendwann einmal geklagt, dass wir Zwiesler jeden modernen Krampf als erste mit- und nachmachen, hauptsache es gilt als modern. Nun soll also auch Friedls Geburtshaus in Spiegelau verschwinden. Warum sind wir so versessen darauf alles Alte auszumerzen, haben so wenig Wertschätzung für unsere eigene Geschichte, unsere baulichen Kosttbarkeiten? Im Urlaub dagegen fahren wir gerne in alte Städte, freuen uns über frankische Fachwerkhäuser, alte Burgen und in den alten Gassen in istrischen Städten geht uns das Herz auf, obwohl vieles so krumm ist, so verwinkelt, so alt. Doch zu Hause – eigentlich in ganz Niederbayern - wütet der Modernismus noch immer, wie anderswo vor Jahrzehnten. Wieviel altes Gemäuder wurde in den Sechziger und Siebziger Jahren hinter Asbestplatten verborgen? Die Urlauber sollten sehen, dass wir nicht mehr hinterm Mond leben und auch zur neuen Zeit gehören. Damals war es ganz offensichtlich ein Minderwertigkeitskomplex, der versuchte durch pseudomoderne Fassaden unsere vermeindliche „Armut“ zu verbergen. Aber heute, haben wir wirklich nichts dazugelernt? Ich lebe heute zeitweise in einem kleinen Dorf an der Donau, durch das ein Strom von Radwanderern fließt. Und was fotografieren sie? Das einzige noch verbliebene Waldlerhaus, das eine zugezogene Familie wie einen Schatz hütet. Warum müssen die Leute von woanders her kommen, damit sie Qualität und das historisch Gewachsene schätzen? Ich weiß es nicht. Auch wir haben ein altes Haus hergerichtet und wenn Besucher kommen, dann können sie gar nicht glauben, was man aus einem alten Stall alles machen kann, freuen sich über alte Gewölbe und stellen regelmäßig fest, dass ein altes Haus einfach Charakter hat und Wärme ausstrahlt, wie es ein neues kaum je fertigbringt. Ich sage ja nicht, dass man nichts Neues machen soll, aber das Alte einfach abreißen ist einfach nur traurig. Dass es in Spiegelau ein altes verschindeltes Walmdachhaus, das einen so bedeutenden Autoren, Journalisten und Liederforscher hervorbracht hat, also einen bedeutenden Kopf, mit denen wir ja nicht gerade reichlich gesegnet sind, nun an den Kragen gehen soll, wird uns keine Ehre einbringen.  Das Emerenz-Mayer-Haus kenne ich leider nicht, es soll aber sehr beeindruckend sein, und das Haus, in dem Max Peinkofer viele Jahre lebte, ist heute ein Schmuckstück in Bischofsmais und ein kulturelles Zentrum. Es wäre schön, wenn auch die Spiegelauer sich noch besinnen würden und ihren Ort am Eingang zum Nationalpark, der ja nicht gerade reich ist an traditionellen Gebäuden, mit dem Paul Friedl-Haus der Nachwelt (und den Touristen!) eine gewachsene Kostbarkeit erhalten würden.