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19.12.18 "Meine Meinung gehört mir!"

zu Viele vermeiden Diskussionen mit Andersdenkenden

„Viele vermeiden Diskussionen mit Andersdenkenden“, wird im Bericht als so bedeutsame Erkenntnis festgestellt, dass Herr Rötzer es zur Überschrift macht.

Wundern wird sich darüber sicher niemand, denn jeder, der ernsthaft diskutiert um sich der Wahrheit anzunähern, weiß wie mühsam das ist: unendliche Recherche, deren Fakten und Lügen wie ein Wackelpudding im Kopf herum wabbern, bis man sie auf ihre Konsistenz abgeklopft hat. Wobei ein Staccato an neuen Informationen dauernd auf einen einprasseln. Aus diesem Informationschaos und den bereits abgelagerten Erkenntnissen in Kopf und Bauch ein in wenigen Sätzen vermittelbares Argument zu machen, mit der man sich einem Andersdenkenden Aug in Aug wie in einem Duell gegenüberstellt, gelingt nur selten und wird zusätzlich durch unendlich viel „Psychokram“ erschwert. Etwa Fragen der eigenen Eitelkeit, etwa, darf ich wirklich etwas äußern, was mich bei vielen zum Narren macht, auch wenn ich morgen recht haben sollte? So zieht sich das Ordnen und Kategorisieren im Kopf. Man wägt die Plausibilität ab und notiert sich Fußnoten und Quellen irgendwo hinter dem Ohrläppchen, damit man nicht gleich ausgeknockt werden kann. Dann muss man die gegnerischen Aufschläge parieren, die oft wie Tarnkappenbomber und mit Drall daherkommen. Um aus einem verdrehten Ball einen Punkt zu erzielen, bedarf es neben Fertigkeit auch immer Glück. Glücklich der, der mit einfachen Metaphern aufwarten kann und vielleicht mit spontanem Witz Klippen umschifft. Bei anonymen Beiträgen fallen beinah alle diese Probleme weg. Da kann man beschuldigen, lügen, spotten. Zumindest solange die NSA & Co das Incognito nicht interessiert.

Da eine einmal verstandene Meinung, für die man gepaukt hat und mit Zensuren belohnt wurde, vielen zu einer Art Eigentum wird, von dem man keine Unze sich abluchsen lassen will, kommt es zu diesen hoffnungslosen Diskussionen, bei denen sich die Kontrahenten immer tiefer in Schützengraben einwühlen. Alleine das muss verhindert werden, denn solange man sich über dem Graben bewegt, gibt es Hoffnung.

„Meine Meinung gehört mir!“ Ich hab vor langer Zeit darüber einmal ein satirisches Lied gemacht.
https://www.youtube.com/watch?v=hzcnp6h6MYI&t=21s