500 zeitgenössische Lieder auf 20 Langspiel-CDs!
Das sind über 24 Stunden Lieder, die meisten in bayerischer Mundart,
in denen sich unsere Zeit spiegelt, mit ihren Hoffnungen, Idealen, Sorgen,
und Verrücktheiten. Es sind Lieder für Kopf und Bauch, viele davon
regelrechte Ohrwürmer. In ihrer musikalischen Form oft rockig und
improvisiert, dann wieder zeitlos einfache Lieder, die manchmal an traditionelle
bayerische Formen anklingen. Die Rede ist von den Liedern des Barden und
Erziehers Geiss Haejm, der nun den Extrakt von über
dreißigjährigem Schaffen präsentiert.
In den Achtziger Jahren stufte eine Oberpfälzer Zeitung diese Lieder
einmal "turmhoch über so manchem ein, was sich heute als originale
Volksmusik verkauft". Doch die Lieder passen in keine der üblichen
Schubladen.
Ihr Autor heißt eigentlich Helmut Josef Geiss, doch setzte er 1979
die in seiner Heimat übliche mundartliche Kurzform von Helmut "Haejm" (Helm, das "aej" gesprochen etwa wie beim englischen "game") auf das Plattencover, stellte, wie
hierzulande üblich, den Familiennamen nach vorne und erntete nicht nur
nördlich des Mains hilflose Aussprache- und Deutungsversuche wegen dieses
merkwürdigen Namens.
1951 in Zwiesel geboren und wohlbehütet aufgewachsen, war Geiss Haejm
ein feinfühlender und naturverbundener Bub, der gerne sang und malte,
Pfadfinder-Idealen nachstrebte und neben der Welt der Bücher gerne die
Gesellschaft älterer Freunde suchte.
Er sei ganz "aus der Art geschlagen", klagte seine Mutter oft verzweifelt,
wenn er sich in jungen Jahren respektlos an den kleinbürgerlichen Werten
von Elternhaus und Gesellschaft rieb. Und darüber, dass er sich einmischte
und den Kopf in die Öffentlichkeit streckte.
Mit 12 Jahren überraschte er alle mit seinem ersten Roman, mit 14 Jahren
spielte er in einer Rockband und ein Jahr später brachte er Schreiben
und Musik zusammen und schrieb sein erstes Lied, dem großen Bob Dylan
nacheifernd, der ihn mit seinen kritischen Liedern und seiner improvisierten
Vortragsweise begeisterte. Dem ersten Lied folgten wie von selbst weitere
und im Sommer 69 stellte er sie einer größeren Öffentlichkeit
vor, erst in seiner Heimatstadt Zwiesel, aber auch noch im selben Jahr in
Berlin und Frankfurt. Seine "Lehrzeit" machte er von 1970-1973 in den
Kleinkunstbühnen von Westberlin, wohin der Glasbläser und Pazifist
vor dem Militärdienst geflüchtet war. 1974 kehrte er als ausgebildeter
Pädagoge wieder in die Heimat zurück, verweigerte den Kriegsdienst
und kümmerte sich um Gymnasiasten in einem Klosterinternat. 1977
übernahm er im Allgäu die Leitung eines Schülerheims und betreute
15 Jahre lang Berufsschüler. 1992 kehrte er erneut in die Heimat
zurück und leitet seither die Werkstattwohnstätten für Behinderte
der Lebenshilfe im Landkreis Regen.
Von Anfang an wählte Geiss Haejm für die Lieder immer wieder den
heimatlichen Dialekt, was anfangs oft belächelt wurde. Ab 1977 schrieb
er zehn Jahre lang nur noch in Mundart. Die letzten Jahre entstanden wieder
deutsche und bayerische Lieder.
Von 1979 bis 1988 veröffentlichte Geiss Haejm sechs Langspielplatten
oder MCs, ein Liederbuch und 2 Büchlein mit Kalendergeschichten und
Parabeln. Er gab Konzerte in ganz Süddeutschland, wurde wiederholt im
Rundfunk portraitiert, war Stammgast beim Nürnberger Bardentreffen und
kämpfte mit seinen Liedern gegen die Nato-Nachrüstung und die WAA
in Wackersdorf, begleitete Politstars wie Joschka Fischer, Otto Schily, Robert
Jungk u.a. bei großen Veranstaltungen mit seinen Liedern.
Die Memminger Zeitung nannte Geiss Haejm einen Barden, der eine moralische
Instanz sei und rühmte seine bildhafte Sprache und die Nürnberger
Nachrichten bezeichneten ihn als "Stimme des grünen Gewissens". Die
Süddeutsche Zeitung schrieb 1983 fast euphorisch, dass beim Nürnberger
Bardentreffen "die Wellen der Begeisterung hochschlugen, als Geiss Haejm
mit seinen leisen Liedern aktuelle Probleme aufgriff".
Eine wichtige Quelle für die Fülle seiner Lieder war und ist Geiss
Haejms Verwurzelung im "normalen Leben", und sein Bemühen um die ihm
anvertrauten Menschen. Eine professionelle Ausübung der Liedermacherei
kam nie ernsthaft in Frage, auch weil die dafür nötige
Kommerzialisierung ein Maß an Zugeständnissen bei Inhalt und Form
der Lieder forderte, zu der er nicht bereit war. Auch wollte er nicht nur
kritisieren und "gscheit daherredn", sondern dem als schlecht erkannten,
etwas eigenes entgegenstellen. Als Familienvater litt er zudem darunter,
für Auftritte oft mehrere Tage durchs Land fahren zu müssen, statt
die Zeit seinen Kindern widmen zu können.
Ab 1988 nahm Geiss Haejm nur noch selten Konzertangebote an, die Zeit des
Missionierens war für ihn vorbei, doch nicht die Zeit des Musizierens.
Mit seiner Familienband "Rockhausmuse", machte er weiter Musik, aus Spaß
an der Freude. Die letzten Auftritte der Band waren 1992 und 93 beim Regener
Inselfest.
Befreit von den zeitfressenden Auftritten, begann Geiss Haejm das so lange
erträumte einfache Leben als selbstversorgender Landmann auszuprobieren:
Säen, Ernten und Hüten, frei nach dem Motto eines seiner Lieder:
"Wos i ned ausgib, brauch i ned vodean".
Das Schreiben, Malen und Komponieren bekam nun einen mehr spielerischen
Charakter, aus dem gelegentlichen Mittel zum Zweck wurde Selbstzweck. Es
entstanden neue Lieder, Instrumentalstücke, autobiografische Romane,
Aufsätze und Aphorismen und die Schrift "Vom Leben der Echraner", in
der Geiss Haejm sein Utopia von einer lustvollen, menschenwürdigen und
naturverträglichen Kultur entwarf.
Wer mehr darüber lesen möchte, kann im Internet unter "www.hgeiss.de"
viele Schriften kostenlos downloaden.
Auch die 20 CDs mit den 500 Liedern können dort bestellt werden, wobei
aber derzeit nur die CD "Ausgewählte Hirnbatzl" gepresst vorliegt. Alle
anderen CDs will Geiss Haejm Freunden seiner Lieder auf die konkrete Nachfrage
hin selber brennen, das hat er sich zumindest vorgenommen...
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