Simple Erlasse zur Manipulation Zahl der Arbeitslosen sinkt unter vier Millionen
Die allmonatlichen Botschaften aus Nürnberg werden mit geradezu demütiger Folgsamkeit nachgeplappert, ohne sie auch nur eine Sekunde lang auf ihre Richtigkeit hin zu überprüfen. Die sonst ach so kritischen Journalisten müssten doch längst wissen, dass die Nürnberger Monatszahlen schon seit langem ein statistisches Artefakt sind, denn seit den frühen achtziger Jahren haben alle Bundesregierungen durch große und kleine gesetzliche Änderungen, manchmal auch nur durch simple Erlasse, die Arbeitslosenzahlen heruntermanipuliert, allerdings ohne großen Erfolg. Denn die aus der einen Statistik eliminierten Menschen tauchen durch die Hintertür der "Fördermaßnahmen" in der anderen Statistik wieder auf. Zu den offiziell 3,967 Millionen Arbeitslosen addiert die Bundesagentur selbst noch (im Monat März) 1 467 224 Millionen Arbeitslose in Fördermaßnahmen hinzu, darüber hinaus - man muss auf die (letzte aktuelle) Dezemberzahl zurückgreifen - 239 623 sogenannte 428er, also ältere Arbeitslose, die dem Arbeitsmarkt "freiwillig" nicht mehr zur Verfügung stehen und deshalb in der offiziellen Arbeitslosenzahl nicht mehr berücksichtigt werden. Mit anderen Worten: Im Monat April 2007 waren in Deutschland 5,7 Millionen Menschen arbeitslos, von ihnen waren mehr als 1,7 Millionen mit "ausgewählten arbeitsmarktpolitischen Instrumenten" aus der offiziellen Arbeitslosenstatistik entfernt. So und nicht anders lautet die bittere Wahrheit über den Arbeitsmarkt in Deutschland im Frühjahr des Jahres 2007, dem Jahr des neuen "Wirtschaftswunders", dem großen Erfolgsjahr der "Agenda 2010", dem Jahr, in dem Fachkräfte wieder "dringend gesucht" werden. Dass die Arbeitslosenzahl im April dieses Jahres gesunken ist, und zwar um 830 000 gegenüber dem Vorjahr, ist ja schön. Aber um welchen Preis? Eigentümlicherweise hat es nur einen Zuwachs um 650 000 sozialversicherungspflichtige Beschäftigte gegeben. Es fehlen also mehr als 180 000 Menschen. Wo sind die geblieben? Sind sie ausgewandert? Abgesehen davon besteht der Zuwachs an sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung zu mehr als 50 Prozent aus Leiharbeit auf einem Lohn- und Gehaltsniveau der frühen achtziger Jahre.
Jürgen Voß, Oberhausen (Leserbrief an die SZ, 30.5.07)
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