Lob des Kritisierens

Opus 028/ 1971

 

Alles Unechte, Furnierte, Fassadenhafte, Aufgeblase­ne, Glanzierte, Verchromte, Vergoldete, Geschminkte, Gekünstelte ist mir seit meinen frühen Kindertagen zuwider, ge­schwollene Reden grad so, wie aufgemotzte Waren. Nun lernte ich die Mechanismen der Werbung zu durchschauen und die Lügen der Politiker und begann al­les auf seinen wahren Wert hin abzuklopfen. Kurz, ich lernte zu misstrauen aller Verpackung.

 

Es sind meistens die süßen Sachen

die alles kaputt machen,

grad so wie der Marzipan an deinen Zähnen nagt.

Drum rat ich dir zu scharfen Sachen,

lern über den Teufel lachen,

das wird die Bitterkeit vertreiben,

und die Kriecherei vermeiden!

Lern jeden Tag bewußt zu leben,

versuch nach wahrem Wert zu streben!

Denk immer an Zusammenhänge

und scheu nicht, wenn da kommen Wände!

Nicht von grellen Lichtern blenden lassen,

sondern die glimmenden auch erfassen!

 

Erst wenn du dann genauer siehst

und endlich auch dein Gestank riechst,

nicht nur mehr Wölfe für böse hälts,

sondern auch bei Lämmern die Fehler zählst,

übernommenes noch mal betrachtest,

erkennst, wie vieles nur belastet.

Und: Nichts für unverrückbar halten,

die Hände gebrauchen, nicht mehr falten!

Alles zweimal überdenken,

auch andere zum Guten lenken!

Informationen gut durchleuchten,

von allen Seiten gut durchfeuchten,

wenn sie dann aufweichen,

den festen Kern weiterreichen.

 

Das wärs dann wohl gewesen

und nicht vergessen: Lesen!