Ich trage mein Nest noch immer im Herzen

Opus 071-1975

 

Kein größeres Glück kann einer haben, als in ein war­mes Nest geboren zu werden. Die Nestwärme wärmt einen oft das ganze Leben durch.

 

Bin geboren sechs Jahre nach dem Krieg,

die größte Not war schon vorbei,

es gab zu essen und die Stube war warm

und der Platz in der Wiege war frei.

 

Erwartet von allen wie im Märzen der Star,

ach, wärmer kann ein Nest nicht sein!

So war ich reich und rundum zufrieden

und nie war ich allein.

 

Ich trage mein Nest noch immer im Herzen,

es ist mir der größte Preis!

Ich glaub an das Gute, weil ich es kenne

und schmelz mir damit alles Eis.

 

Die Welt war gut und auch die Menschen

und Tiere hatten wir auch.

Ein klein Häuschen und Bäume vorm Fenster

und Beete mit Möhren und Lauch.

 

Ich lernte lesen und grenzenlos wurd mir

dabei die Phantasie.

Die Helden waren gerecht und tapfer

und Unrecht taten sie nie.

 

Wie war ich entsetzt als ich dann später

hörte was in jenen Jahren

außerhalb meines Nestes passierte war

- die Welt war voll Gauner und Narren!

 

Ich hab mich empört lang darüber

und manchmal tu ichs noch heute.

Doch öfter lach ich und spotte leise,

über das Treiben der Leute.

 

Und leise fluch ich über die Kälte,

doch was wär Wärme ohne sie wert?

Ich hab auch gelernt mein Stachel zu zücken

und bin nicht mehr ganz unversehrt.