I sing solangs no Zeit is

Opus 263/ 1984

 

An einem Frühsommerabend 1984 - ich wollte mit meinen Schülern gerade Fußball spielen - zogen über dem Wertachtal urplötzlich gelbe Wolken auf - dann kam ein Hagel, der jedes bekannte Maß sprengte: tennisballgroße Hagelbomben prasselten vom Himmel und zerstörten alle Ernte, erschlugen Tiere auf der Weide, entlaubten die Bäume, verbeulten die Autos, zerbrachen, was sich ihnen an Glasfläche bot. Etwa zwanzig Zentimeter hoch lag danach das Eis, über dem sich gespenstischer Nebel bildete. Diese Erfahrung regte das folgende Lied an, ich sah in der Hagelkatastrophe einen Fingerzeig, spürte, dass uns noch ganz andere Zerstörungen drohten. Und ich erkannte, dass es für einen Barden eine Zeit zum Singen gab, denn brach einmal das herein, wovor er warnte, war es für Lieder zu spät.

 

I sing, solangs no Zeit is,

hock me aaf an houha Baam.

Wea woaß, wia lange no Liadl

und Luft zum Singa han?

 

Im Westn und im Osten blitzts

aus schwoaze Woiknwänd.

D Sunn vosinkt und finsta wiads,

mia zidan beide Händ.

Dann kimmt da Schtuam und reißt me um,

i druck mei Gsicht in d Ead.

I kroi me fest und sog koan Laut,

waa Singa hod koan Wead.

Und wia da Schtuam dann nachloßt

fangts aaf oamoi s Schittn o.

I wia tropfnoß, doch Gott sei Dank,

bleibt oissen an mia dro.

 

Na fangts aaf oamoi s Hagln o,

mit Keana grouß ois wia,

Hehnaoia, Tennisboin,

des glaubts ma dennast nia!

I moch me kloa und schrei vor Schmeaz,

mia ztremmeds fast mei Gschtaej,

mei Kreiz wiad wund, mi draahts im Kopf,

dann voliare jedes Gfaejh.

Baama hom koi Bladl meah,

da Hagl hod ois zfetzt,

i bin fast ganz mit Eis zuadeckt

und duach und duach entsetzt.

 

Dann schebbats üwa mia, i moan

mia zreißtses Trommefaej.

A Blitz hod ma mein Bart vobrennt,

s is schia wia in da Haej!

Grod zucka duats um mi herum,

es kracht und heilt und blost,

d Woikn brechand aaf mi owa,

i find ma goa koan Trost.

I mucks me ned und schtaej me doud

und beiß ma fast Zähnt aus,

schtopf ma zwoa Breckal Eis in d Oahn

und winsch i waar a Maus...

 

Na daade me vokriacha

in a Loch, wia s d Mais ebn doand.

Ois Maus, da bine sicha,

häde nia beim Hagln gwoant!

Doch aaf oamoi reißn d Woikn aaf

und d Sunn bleazlt ma zua,

i wisch ma schnaej an Dreeg vom Gsicht,

vom Ducka howe gnua!

D Sunn leicht ma iah Kraft in s Hian

und frißt mei Zidan zamm,

I sing wieda, wos d Lung heagibt

und wose zum Sogn han.