©
Geiss Haejm
Prologe zu meinen Liedern
Die
folgenden Texte sind kurze Vorreden zu meinen Liedern, mit dem Zweck auf ihre
Thematik vorzubereiten, sie zu relativieren oder mit einer erweiterten
Sichtweise zu ergänzen.
In
diese Auswahl habe ich nur Texte aufgenommen, die für sich allein stehen
können, also auch ohne das Lied Sinn machen. Es würde mich aber natürlich
freuen, wenn sie Interesse für die dazugehörigen Lieder wecken würden und Leser
auch zu Hörern würden.
Die
Überschriften sind nur ausnahmsweise identisch mit den Titeln der Lieder, diese
kann man aber über die Opusnummern ermitteln, die auf allen Tonträgern vermerkt
sind. Gegenwärtig reicht die Nummerierung von Opus 1, aus dem Jahr 1965, bis
Opus 555 aus dem Jahr 2002.
Als
junger Mensch liebte ich das Aufbrechen und das Unterwegssein, mehr aber das
Ankommen. Ich brauchte immer ein Ziel, irgendeinen Menschen, der mich
erwartete. Reisen als Lebenszweck, schien mir dem Wasser angemessen oder den
Wolken. Doch spürte ich schon früh, das Reisen immer auch etwas von
Flucht hat, vor sich selber, vor den Umständen in
denen man lebt. Heute sehe ich das weniger verbissen
und glaube, dass das Herumziehen im Grunde das Naturgemäße ist und das Kleben am
Ort das Künstliche. Doch ist die Erde zu klein für sechs Milliarden Nomaden.
Also muss das Reisen die Ausnahme bleiben und die Treue zum Revier und die
Übernahme der Verantwortung dafür, die Regel.
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Opus 3]
Von
einem anderen hat man sich gleich ein Bild gemacht, doch das liegt in der Natur
der Sache, denn man hat ihn vor sich, kann ihn sehen, hören, tasten, riechen.
Mit einem selber ist das schwieriger, denn man sitzt in sich drinnen und sieht
aus sich heraus, es fehlt uns am nötigen Abstand. Ein Spiegel kann hierbei
helfen.
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Opus 4]
Sollten
wir - und vieles spricht dafür - keine Marionetten von Göttern sein, die Welt
kein göttliches Computerspiel und der Mensch nur seinen Mitmenschen
verantwortlich, so kann der Sinn des Lebens nur im Leben liegen. Wer das
unendliche tote Universum betrachtet und die wenigen Funken Leben darin, der
erkennt dessen Wert.
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Opus 5]
Ich
war lange ein überaus frommes Bübchen, das ewige Seelenheil fest im Visier.
Dann wuchs der kritische Verstand und riss ein tiefes Loch. Nichts hatte, wie
es schien, mehr einen tieferen Sinn, außer dem profanen, der uns antreibt.
Zudem verdichtete sich die Einsicht, dass die Menschen den lieben Gott gerade
so erfunden hatten wie den Osterhasen und alle zusammen ein Theater spielten
und die Welt eine Bühne war, voller unerfreulicher Zwänge und Chimären und
dahinter kam - nichts.
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Opus 6]
Fragen
sind gut und recht, doch sollte man den Wert der möglichen Antworten nicht
überschätzen, meist überleben die Fragen die Antworten... Wir fragen ständig
nach so vielen Dingen, die sich um alles mögliche
drehen, nur nicht darum, was wir für ein gesundes und glückliches Leben
brauchen. Doch nur diese Fragen haben Wert.
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Opus 7]
Kalt
gibt es nur, weil es heiß, dunkel nur, weil es hell
gibt. Gibt es also das Gute auch nur, weil es das Schlechte gibt Es kann gar
nicht anders sein. Wären paradiesische Verhältnisse dann überhaupt möglich
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Opus 8]
"Ach,
ich armer Wicht, ich tu mir so leid und ertränke mich in meinem
Nachtgeschirr!" So verspottete ein älterer Berliner Freund meinen
Weltschmerz. Und ich musste mit einem Male lachen über mein Gesäusel.
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Opus 9]
Am
wenigsten akzeptiert man die weisen Ratschläge von jemandem, der klug schwätzt,
ohne eine Sache selber durchlebt zu haben. Kaum etwas anderes hat mich mehr
gelangweilt, als die wiedergekäuten Phrasen von Spießern, die ihr Leben hinter
dem Ofen zubrachten. Wie heißt es in einer Volksweise dazu "Den soll man
als Gesell erkennen, oder gar ´nen Meister nennen, der noch nirgends ist
gewest, nur gesessen in seinem Nest!"
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Opus 10]
Was
wie Appelle an andere klingen, waren erst einmal
Appelle an mich selber. Da ist erst ein Gefühl im Bauch, das in Worte gefasst
sein will, damit man ihm glaubt.
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Opus 11]
Es
kommt einem die Zeit, da hilft einem keine Elternliebe mehr, es treibt einen
umher wie einen tollen Kater.
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Opus 12]
Manche
frühe Texte beweisen es, die Altklugheit eines Siebzehnjährigen wusste, wie es
endet! Doch sie bewahrte ihn nicht davor, die alten Irrwege zu gehen. Und das
ist gut so.
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Opus 13]
Das
ganze Leben war ein Theater und in der Schule paukten wir die Textvorlage.
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Opus 15]
Ich
saß im zweiten Ausbildungsjahr in der abgedunkelten Glasbläserwerkstatt und
bekam urplötzlich Angst, dass dies alles sein könnte, was in der Zukunft auf
mich wartete. Bis jetzt war alles ja nur Spiel, das Glasblasen machte mir Spaß
und es gab ja zur Abwechslung noch jede Menge theoretischer Fächer und es gab
meine Bassgitarre und die Rock´n Roll Band... Doch in jener Stunde begriff ich
alles und kein Ausweg fiel mir ein, außer der Gedanke
an ein Mädchen...
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Opus 17]
Verliebtsein
ist wunderschön, wenn man auch geliebt wird. Wird dein Sehnen nicht erwidert,
ist es die Hölle.
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Opus 20]
Es
ging damals alles sehr rasch. Ich hatte das Glück kluge Freunde zu haben, deren
Witz mir jede Wehleidigkeit vertrieb. So spottete ich bald mit ihnen um die
Wette.
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Opus 21]
Es
gibt viele Arten von Träumen. Die einen sind wie ein Gewitter, mit denen sich
unser Gehirn reinigt, andere lassen geheime Wünsche in Erfüllung gehen, manche
schenken Wollust, erzeugen Zuneigung zu Menschen, die wir dann auch wach noch
spüren. Träume lösen mitunter sogar Probleme. Dann gibt es noch die Tagträume,
die uns manche unangenehme Wirklichkeiten erträglich machen. Sie sind wie eine
Hängematte, in der wir unsere angenehmen Gedanken schaukeln. Manche Tagträume
lassen uns nur entfliehen, andere wirken auf die Wirklichkeit zurück, in dem
sie in uns den Drang nähren, die diese ihnen anzunähern. Sie sind dann wie gute
Pläne: Vorwirklichkeit.
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Opus 25]
Die
Sonne erhellt nicht nur die Netzhaut, sie erhellt uns Geist und Gemüt.
Lichtarmut bedrückt dagegen, macht schwermütig, oft sogar depressiv. Mir ist
das erstmals bei meinen Flügen nach Berlin bewusst geworden. Wie wunderbar die
Lichtfülle über den Wolken, wie traurig das Eintauchen in dieselben.
Unglaublich, dass unten in diesem Grau überhaupt Menschen leben konnten...
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Opus 26]
Alles
Unechte, Furnierte, Fassadenhafte, Aufgeblasene, Verchromte, Vergoldete,
Geschminkte, Gekünstelte ist mir seit meinen frühen Kindertagen zuwider,
geschwollene Reden grad so, wie aufgemotzte Waren. Nun lernte ich die
Mechanismen der Werbung zu durchschauen und die Lügen der Politiker und begann
alles auf seinen wahren Wert hin abzuklopfen. Kurz, ich lernte zu misstrauen
aller Verpackung.
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Opus 28]
Von
den Leuten denken und reden wir meist gering. Gut reden wir nur von Einzelnen und
auch das eher selten. Die Leute aber sind uns eine Ansammlung von Torheit, eine
fremdgesteuerte Masse, dreist, denkfaul und selbstsüchtig, neidisch, laut und
hortend.
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Opus 29]
Gruppen
waren mir immer eher suspekt. Ich wollte nicht unter den Vielen verschwinden
oder nur überleben, indem ich laut wurde, blendete, wie ein Wichtigtuer meinen
Kopf aus der Masse streckte.
Doch
dann kam der einzelne ins Gerede, die Gruppe schien die Lösung aller Probleme
zu bringen, damals im Berlin der beginnenden siebziger Jahre, in den Köpfen von
angehenden Erziehern...
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Opus 31]
In
Kreuzberg erkannte ich, dass so vieles an dieser Zivilisation nur Fassade ist,
ein aufgeblasener Popanz, ein glänzender Knüppelsteg auf einem ungeheueren
Sumpf. Die Unwirtlichkeit der Umgebung öffnete mir die an kleinbürgerliche
Provinz gewöhnten Augen und der Umgang mit kritischen Geistern sorgte dafür,
dass sie mir nie mehr zufielen.
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Opus 32]
Es
war nicht nur der schmutzige Krieg in Vietnam. Es waren nicht nur die Kumpanei
unserer Regierenden mit Diktatoren und Mördern, nicht nur die Wohnungsnot, die
Armut und der Schmutz in Kreuzberg, die Verlogenheit der Medien, die
knüppelnden Polizisten, es wurden auch scharf geschossen. Die Opfer hießen
Ohnesorg, Weißbecker, Georg von Rauch. Und das alles passierte vor meiner
Haustür.
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Opus 35]
Das
Spielen gehört zum Menschen wie der Pansen zur Kuh. Spielen ist nicht nur das
Kind der Arbeit, es ist die Grundlage für unser Menschsein. All unsere Kunst -
und damit mein ich alles, was künstlich ist, menschengemacht eben, ist Ergebnis
unserer Fähigkeit zu spielen. Der Prüfstein, ob eine zukünftige Gesellschaft
besser sein wird als die gegenwärtige, wird sein, ob sie es schafft die Arbeit
wieder zum Spiel zu machen.
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Opus 37]
Die
Erkenntnis, dass unser Verhalten weitgehend das Ergebnis von Prägung, also von
Lernprozessen ist, hat mich veranlasst Erzieher zu werden, voller Hoffnung die
Welt besser machen zu können... Nur - die vage Erkenntnis, dass etwas so oder
so funktioniert, ist das eine, dessen Veränderung eine ganz andere Sache. Ein
alter Schulmann, dem ich meine pädagogischen Weisheiten predigte, gab mir
maximal zwei Berufsjahre. Auch wenn er meine Hartnäckigkeit und meinen langen
Atem falsch einschätzte und heute ein viertel Jahrhundert Erziehertätigkeit
hinter mir liegt, so fühle ich mich immer öfter am Ende meiner Kraft und
Weisheit. Ach – so jammere ich, manchmal sogar laut - ich mag niemanden mehr
erziehen! Soll die Welt bleiben wie sie mag!
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Opus 38]
Es
ist ein großer Zauber: ein kleines Kind macht schwache Männer stark.
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Opus 39]
Welch
eine Verrücktheit! Irgendeine Staatsform, irgendein Wirtschaftssystem über das
Leben zu stellen! Was waren das nur für Verrückte, die vorgaben uns mit
Wasserstoffbomben schützen zu wollen
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Opus 42]
Es
ist nicht leicht mit den anderen und leicht ist es nicht alleine. Zumindest mir
geht es so, ich brauche die anderen, aber ich brauche auch die Einsamkeit. Wie
viel darf man an sich denken und wie viel an die anderen Es ist ein dauerndes
Schwingen zwischen den beiden Polen.
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Opus 43]
Ab
und zu sollte man schon etwas riskieren. Es kommt keine gute Fee, die uns aus
dem Trott befreit. Der Volksmund sagt, der Mensch sei ein Gewohnheitstier. Doch
ebenso stimmt, dass sich der Mensch - anders als ein Tier - über seine
Gewohnheiten zu erheben vermag.
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Opus 48]
Die
Arbeit, mit der der Mensch seine Bedürfnisse befriedigen wollte, hat
Abhängigkeiten geschaffen, die stark sind wie Essen und Trinken, nur absolut
irrational.
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Opus 49]
Eigentlich
mag ich keine Reime, da sie beim Schreiben leicht eine gängelnde Eigendynamik
entwickeln. Was habe ich Zeit damit verbracht, mir „einen Reim auf etwas zu
machen“, einen, der den gewünschten Gedanken trifft und nicht mich und die
Zuhörer in die Irre führt. Doch gelegentlich habe ich die Reimerei auch Regie
führen und mich von Zufälligkeiten und Wortspielerein leiten lassen.
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Opus 58]
Kein
Abgrund ist tiefer, als der zwischen den Sonntagsreden der professionellen
Moralisten und ihrer Verhaltenswirklichkeit.
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Opus 59]
Die
Rechten haben viele Probleme gar nicht. Für sie ist die Sache so und nicht
anders. Da wird nicht viel diskutiert, was der Leithammel sagt, gilt. Linke
dagegen stellen alles in Frage und erwägen hunderterlei Wege. Wie soll man mit
solchen Leuten wirkungsvoll Politik machen können Und trotzdem ist der richtige
Weg: hundert Wege.
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Opus 61]
Hier
muss ich immer an eines meiner jungen Schafe denken, das erst etwas aus meiner
Hand fraß, nachdem es dieses besabbert hatte. Erst wenn es vertraut schmeckte,
bis es ab.
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Opus 62]
Wer
keine Skrupel hat, sich keiner Ethik verpflichtet fühlt, hat es leicht im
Leben. Aber zum Teufel, ich möchte so nicht leben!
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Opus 63]
Seit
Nietzsche wissen wir, dass man bei Altruisten leicht entgegengesetzte
Beweggründe finden kann und – nehmen wir das Extrem - die Heiligen in aller
Regel auf irgendeine Art eher kranke Menschen waren. Auch im sozialen Bereich –
ich spreche aus eigener Erfahrung - finden sich, bei näherem Hinsehen, große
Egoisten. Damit meine ich noch gar nicht diejenigen, die, in dem sie anderen
helfen sich selber helfen, das ist für mich ein Stück Lebenskunst.
Auch
bei Sozis habe ich nur am Haben orientierte, schadenfrohe, neidige Menschen
gefunden und trotz gründlichster Gewissenserforschung kenne ich keinen einzigen
wirklich menschenfreundlichen Christenmenschen.
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Opus 64]
Wer
im Schmutz lebt, wird sich schwer tun immer sauber zu sein. Die Menschen sind
so, wie ihre Lebensumstände und die sind bekanntlich meist unerfreulich. Doch
was wäre, wenn diese gut wären, wären dann auch die Menschen gut
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Opus 65]
Was
ist ein Staat Ein Deckel für einen geographischen Bereich und alles was darin
lebt Eine Organisationsform für Menschengruppen Eine Etikettierung für Völker
verwandter Sprache
Wer
braucht den Staat Welchen Sinn und Zweck hat er Ich meine, er hat Dach und
Schild zu sein, für die Armen und Schwachen und muss vor dem Faustrecht
schützen.
Doch
welche Perversion: heute schützt er im allgemeinen die
Starken und Reichen und fördert und sichert ihr Handeln. Und noch schlimmer:
der Staat wird zum Selbstzweck und tut so als ginge es um ihn. Er heiligt seine
Regeln und mischt sich ohne Not in die Angelegenheiten der Menschen und gängelt
sie, ja gebärdet sich oft wie eine Peitsche.
Auch
unser demokratischer Staat scheint oft nur ein Instrument der Wirtschaft zu
sein und es ist zu befürchten, dass er seine gegenwärtige demokratische Form
nur solange bewahrt, solange sie sich wirtschaftlich bewährt, d. h., solange
man darin genug Gewinne machen kann.
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Opus 66]
Irgendwann...,
irgendwann werde ich mein Leben so leben, wie ich es leben will,
selbstbestimmt, faul und arbeitsam, wie es grad meiner Stimmung entspricht!
Befreit von der Peitsche der Uhr, frei von fremden Anweisungen, frei vom
Theater spielen müssen mit Vorgesetzen oder Untergebenen... Aber - ich weiß -
auch dann bleiben noch genug Verpflichtungen, etwa verwandtschaftlicher Art,
oder solcher, die sich aus der Vorsorge für den Winter oder einfach nur den
eigenen Bedürfnissen ergeben. Da bleibt immer noch genug an Peitsche übrig.
Viele Frauen flüchten davor in die Berufsarbeit, weil die ihnen mehr Freiheit
und Abwechslung bietet, trotz aller Fremdbestimmtheit dort...
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Opus 67]
Chancengleichheit
- zumindest im großen und ganzen, sollte zu machen
sein. Im kleinen und speziellen wird sie immer
unmöglich bleiben, glücklicherweise...
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Opus 69]
Wenn
man den Begriff „Demokratie“ wörtlich nimmt, dann hat unser Staatssystem nur
beiläufig mit Demokratie zu tun. Die „repräsentative Parteien- Demokratie“, bei
der sich die „Herrschaft“ des Volkes in gelegentlichen Kreuzchen für Personen
und Parteien beschränkt, ist ein demokratisches Theater, eine
pseudodemokratische Mogelpackung. Demokratie gibt es nur, wenn das Volk konkret
über wesentliche Sachthemen abstimmen kann. Heute wählt man mit seinem
Kreuzchen immer die Katze im Sack, das kleinere Übel, wenn es hochkommt. Um
über Sachthemen abzustimmen, sind die Bürger zu blöde, sagen die Parteien, in
netteren Worten natürlich. Um sie zu wählen aber, sind die Bürger klug genug...
Also, was denn nun
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Opus 70]
Kein
größeres Glück kann einer haben, als in ein warmes Nest geboren zu werden. Die
Nestwärme wärmt einen oft das ganze Leben durch.
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Opus 71]
Das
Leben kann so schön sein, wenn wir ein Empfinden dafür haben und keine unrealen
Erwartungen.
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Opus 72]
Das
einzig Beständige ist das Unbeständige! Wer über Werden und Vergehen
lamentiert, der ist noch Lichtjahre von der für dieses Leben erforderlichen
Weisheit entfernt.
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Opus 73]
Alleine
die Not macht denken, Sattheit macht nur faul. Wobei ich letzteres aber nicht
geringschätzen will, im Gegenteil, denn wohin führt das ganze Denken aus einer
Not heraus Wenn es gut geht zur Sattheit.
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Opus 75]
Ein
„gestandenes Mannsbild“ ist nichts anderes, als ein stehen gebliebenes
Mannsbild. Also eines, das sich nicht mehr entwickelt, eines mit einem
„Standpunkt“. Und die Welt ist voll von diesen Exemplaren: überall Männer, die
auf einem Punkt stehen... Warum Frauen oft ein wenig beweglicher bleiben, wäre
eine Untersuchung wert.
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Opus 76]
Fast
zwanzig Jahre habe ich Jugendliche betreut, mich also zwanzig Jahre in
„pubertärem Milieu“ aufgehalten, dazu kommen noch die Jahre eigenen
Pubertierens und die Erfahrungen mit der Pubertät meiner Kinder, ich kann also
behaupten Experte zu sein, auf diesem Gebiet. Auch wenn ich gelegentlich mit meiner
„Allergie gegen pubertierende Jugendliche“ kokettiere, so ist das alles ein
Krampf. Wenn die Alten über die schlimme Jugend herziehen und das Ende des
christlichen Abendlandes herannahen sehen, dann kann ich darüber nur lachen.
Zumindest die Jugendlichen, die ich erlebt habe, waren in ihrer Mehrheit brav,
fleißig, strebsam und angepasst. Und die 5 von Hundert, die dies nicht und
schwer „am Pubertieren“ waren, das wurden oft sogar die wertvollsten von allen,
sie gärten, wie der Most im Fass, und gaben – einmal zur Ruhe gekommen - den
besten Wein.
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Opus 81]
Der
Lehrerberuf ist der härtesten einer, da helfen auch keine Ferien und auch nicht
das, mit andern Beschäftigten verglichen, niedrige Stundenmaß. Im Nacken den
Kultusminister, die eigenen Ansprüche und die der Eltern und der Gesellschaft,
sollen sie junge Menschen ausbilden und gar erziehen. Sie müssen einen
Hürdenlauf veranstalten, mit Leistungsproben und Zensuren, müssen die lieben
Kinderlein bewerten und messen, erleben immer wieder aufs Neue die gleichen
Anpassungsprobleme und Entwicklungsschwierigkeiten und die immer gleiche
Einfalt, und sollen so tun, als sei dies etwas Neues... Die eigenen schulischen
Erfahrungen und die meiner Kinder sagen, es gibt ganz wenige gute Lehrer und
ganz viel gelangweilte, die sich von Ferien zu Ferien retten und innerlich
absolut leer sind.
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Opus 82]
Seit
ich denken kann verabscheue ich Deutschtümelei. Was habe ich mich immer
geschämt für manche Landsleute, wegen ihrer geringschätzigen und bösen Reden
gegen Ausländer! Doch ich fühle auch mit den alten Kreuzbergern, denen mit den
billigen Arbeitskräfte aus Anatolien die Löhne gedrückt wurden oder die ganz
ihren Job verloren haben, ja auch ihre Wohnung, ihr heimatliches Viertel, ihre
Wurzeln. Nun leben sie im betonierten Elend der Trabantenvorstädte und in ihre
alten Wohnungen haben die Hauseigentümer fremde Menschen gepfercht. Der
Kapitalismus, so las ich, braucht immer eine Reservearmee an Arbeitskräften, damit
die Arbeiter ja nicht übermütig werden und ihre Löhne bescheiden. So haben sich
natürlich nicht die deutschen Arbeiter ausländische Konkurrenten ins Land
geholt, sondern dies haben die Unternehmer gemacht. Wenn ein Arbeiter dagegen
schimpft, meist schimpft er wegen seines geringen politische
Durchblickes gegen die Fremden und nicht gegen die Fabrikanten, dann ist er
ausländerfeindlich, ja, am Ende gar ein Nazi. Und die wohlhabenden Bürger und
Akademiker Ihnen sind die Fremden nur Werkzeug oder exotische Ergänzung der
Bevölkerung! Schon die Bezeichnung „Gastarbeiter“ ist bezeichnend für die
ganze Heuchelei... Nein, ihnen sind die Fremden keine Konkurrenten um Arbeit
und Wohnung, da tut man sich leicht mit humanitären Phrasen...
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Opus 83]
Die
Mächtigen sind sehr trickreich, wenn es darum geht ihre Macht zu sichern. Um
Polizei und Wachen zu sparen, wird viel Theater inszeniert, mit dem man die
Untergebenen so beschäftigt, dass ihnen keine Zeit bleibt, sich auf irgendeine
Art zu befreien. Beliebt ist z. B. alle paar Monate eine Sau durchs Dorf zu
treiben, wodurch eine Zeit alle anderen Themen verdrängt werden und die
Betroffenen Wochen brauchen um die Verwüstung des Viehtriebs zu beseitigen. Das
wäre doch einmal ein lehrreicher Stoff für eine Doktorarbeit, würde einer die
Tricks einigermaßen vollständig erfassen.
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Opus 84]
Daran
kann man Menschen erkennen: Wenige drücken nach oben, viele drücken nach unten.
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Opus 85]
Schon
früh habe ich begriffen, dass beinah alles, was wirklich Wert hat und Spaß
macht, nichts oder wenig kostet: Liebe, Natur, Denken, Lesen, Schöpferisch
sein. Und doch verkaufte ich mich für Geld in der Fabrik und spürte, dass mir
in der Arbeit das Wertvollste gestohlen wurde, was ich besaß: meine Lebenszeit.
Und so hatte mich, kaum dass das ersehnte Freitag da
war, schon die Angst vor dem Montag am Wickel.
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Opus 102]
Als
Eingeborener des schneereichen Böhmerwaldes, von dem man sagt, es herrsche dort
neun Monate Winter und die anderen Monate sei es kalt, habe ich nie eine
romantische Einstellung zum Winter entwickelt. Als Kind kannte ich nur einen
geheizten Raum, die Stube, und auch die war nur warm, wenn man ein Feuer anschürte,
sonst war alles kalt: der Flur, das Schlafzimmer, das Bett, das wir gerne mit
einem heißen Ziegelstein vorwärmten, das Wasser, der Abort... Und dann
die Schneemengen! Schneeschaufeln kann durchaus netter Bewegungssport sein,
wenn - ja, wenn es nicht über Monate geht, wenn nicht zum halben Meter
Neuschnee noch auch noch ein Meter Dachschnee kommt, und wenn es nicht
hineinregnet: Schneematsch, Eisplatten auf den Gehwegen, Eiszapfen, die von den
Dachrinnen fallen, rote Ohren, klamme Finger, kalte Füße, und... und... Nein,
Winter ist nicht schön!
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Opus 113]
Im
Hochsommer flieht man vor ihren sengenden Strahlen und sucht den Schatten, doch
im März ersehnt man sie und sucht ihr Licht, wie der Säugling die Mutterbrust.
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Opus 114]
Seit
ich denken kann, habe ich Kinder über alles gestellt, denn Kinder sind die
Zukunft! Jeder Augenblick, den man sich ihnen widmet, ist gut angelegt, ja, es
gibt kein sinnvolleres Tun. Nebenbei macht es Spaß und selten lernt man für sich
selber mehr, als wenn man seinen Kindern etwas beibringt. Müsste ich für meine
Erinnerungen eine Rangfolge aufstellen, so käme auf Platz eins die Zeit, die
ich mit meinen Kindern und Enkelkindern zugebracht habe. Nicht umsonst bin ich
als einer der ersten Männer Kindergärtner geworden.
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Opus 117]
Ich
habe erst im Mannesalter das Fußballspielen schätzen gelernt, zwangsweise, weil
meine Schüler nichts lieber taten. Danach habe ich fast zwanzig Jahre lang
regelmäßig mehrere Stunden in der Woche mit Hallenfußball zugebracht,
berufsmäßig und leidenschaftlich. Wenn ich davon erzähle muss ich mich fast
bremsen, damit ich nicht als Sprüchereißer dastehe. Aber zu gern erinnere ich
mich meiner Qualitäten als Torjäger, prahle mit Fallrückziehern,
Seitfallschüssen und gefühlvollen Kopfbällen... Ich war nie ein großer
Techniker und den Ball konnte ich kaum jemandem abnehmen, aber mein Ziel war
stets weniger gegnerische Tore zu verhindern, als vielmehr selber eins mehr zu
schießen. Ich habe immer gekämpft, bis mir die Zunge auf der Brust hing, meine
Stärke war das Kombinieren mit kurzen Zuspiel,
schnörkellos und zum gegnerischen Tor strebend. Doch ich war niemals fanatisch
dabei und gelungene gegnerische Aktionen haben mich ebenso begeistert... Klar
wollte ich gewinnen, aber nicht durch Bekämpfen der anderen, sondern durch
besseres Spielen, was immer besseres Zusammenspielen bedeutet. So kann auch ein
Kampfsport zum Rahmen für Gemeinschaftlichkeit und Kooperation werden.
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Opus 119]
Wegen
meines Einsatzes für Bäume bin ich oft als grüner Schwärmer belächelt worden.
Ein Kritiker beim Nürnberger Bardentreffen 1984 spottete in der Zeitung:
„...und beim Geiss Haejm reimt sich an jeder Ecke ein Baum...!“ Selbstkritisch
habe ich darauf meine Lieder durchsucht und viel zu wenig Bäume gefunden.
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Opus 120]
Na
ja, die Mafia war es vielleicht nicht gerade, aber immer habe ich mich mit den
Mächtigeren angelegt. Oft habe ich Kopf und Kragen riskiert und das Herz klopfte
mir bis zum Hals, doch immer nur vorher und zu Beginn. Im Gefecht selbst
verflog dann jede Angst und ich war dann nur noch ein Werkzeug meines
Gewissens. Und es war wohl diese freche Unerschrockenheit und meine ehrliche
Leidenschaft, die den Gegner davon zurückhielt mich zu zermalmen. Kurzfristig
habe ich dabei selten gesiegt, langfristig sind aber beinahe alle meine
Anliegen aufgegriffen worden.
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Opus 121]
Warum
ich gegen die Atomspalterei bin, ist schnell gesagt: kurzer Nutzen - lange
Gefährdung. Keine Generation hat das Recht, den Kindern ein so tödliches Erbe
zu hinterlassen.
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Opus 122]
Unsere
Zivilisation ist parasitär und gefährdet das Fortbestehen unserer Art. Dagegen
nur zu polemisieren genügte mir nicht. Ich wollte wissen, ob es anders geht und
so habe ich mich der Natur anvertraut und nach und nach ein Doppelleben
als selbstversorgender Landmann begonnen.
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Opus 123]
Wie
ein Bär Winterschlaf halten! Sich zu Winterbeginn eine Höhle suchen und dann
schlafen bis zum Frühjahr! Danach sehnte ich mich oder zumindest nach einem
Kundendienst, einer Runderneuerung, einem Ölwechsel, einem neuen Luftfilter -
einer Formatierung der Festplatte, oder wenigstens nach dem Löschen des ganzen
unnützen Ballasts...
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Opus 124]
Mögen
mich die Götter davor behüten, so zu werden wie manche Stammtischbrüder, die
immer ihren alten Mist breittreten, den verbrecherischen Krieg schönreden und
ihren Adolf! Diese Hohlköpfe! Selber verführt und erniedrigt und nun große Töne
spuken, so als wären sie am Obersalzberg verkehrt! Doch Toleranz und
ursächliches Denken haben sie nie gelernt und niemand auf der ganzen Welt wird
es ihnen noch beibringen können, sie sind eine bedauernswerte verlorene
Generation und hoffen kann man nur, dass sie ihre Beschränktheit einmal mit ins
Grab nehmen.
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Opus 129]
Der
Wald hat seine Menschen nie alle ernährt, und es waren nicht die Schlechtesten,
die Rusel und Donau hinter sich ließen um das Brot in der Fremde zu verdienen.
Auch heute verlassen Tausende Männer Familie und Heimat und verkaufen ihre
Arbeitskraft die Woche über auf Baustellen, in Fabriken und Behörden im
Landshuter und Münchner Raum. Fast alle sind sehr sparsam und sie stecken jeden
ersparten Pfennig in das Wohnhaus in der Heimat, denn die Kinder sollen es
einmal besser haben... Doch diese haben meist einen anderen Geschmack oder zum
„entfremdeten“ Vater keine Beziehung, da sie ja beinah vaterlos aufwuchsen.
Und auch für sie gibt es in der Heimat keine Arbeit und so landen auch sie, oft
auf Dauer, in der Fremde. Zurück bleiben die Alten, endlich berentet und zu
Hause, doch oft genug allein...
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Opus 130]
Natürlich
kann man es erklären, warum manche Menschen solche Umweltschweine sind (wobei
man Schweinen damit sogar unrecht tut, die ihren Kot in einer Ecke ablegen und
keinen Müll wegwerfen) – unsere Vorläufer haben auf den Bäumen gesessen und
einfach alles fallen lassen, der Boden ging sie nichts an. Auch als sie später
auf zwei Beinen auf dem Boden herumliefen, sind sie der Nahrung nachgezogen und
ihre Hinterlassenschaften brauchten sie nicht zu interessieren, sie waren aber
auch kein Problem. Dies hat sich in den Köpfen als Schaltplan eingebrannt und
ein neuer Plan wird einige Zeit brauchen, bis er den alten ersetzt.
[zu
Opus 132]
Nie
war jemand reifer für ein Stück Land! Zwölf Jahre lang habe ich alle Literatur
zum Thema Landbau und Tierzucht verschlungen, jede Handvoll Erde genutzt, um
etwas darin anzubauen... Was bin ich herumgelaufen und habe wehmütig in fremde
Gärten geschaut, fremde Felder betrachtet, fremde Tiere. Wie oft fand ich das
Land ungerecht verteilt: die einen hatten, was ich ersehnte im Übermaß und
nützten es nicht, andere nützten es nicht nur nicht, sie zerstörten es sogar!
[zu
Opus 133]
Wir
brauchen den Winter, um den Sommer noch mehr genießen zu können, wir brauchen
das Tal, um den Berg zu schätzen, wir brauchen Lärm und Bewegung, der Ruhe
wegen.
[zu
Opus 134]
Das
Bier und das Gespräch ist das eine, die Kellnerin das andere. Wo ist der Mann,
der noch keine Kellnerin begehrt hat
[zu
Opus 135]
Natürlich
ist es auch eine Form von Wertschätzung, wenn man die höchsten Feste mit Bäumen
und Zweigen schmückt. Vielleicht spielt dieser Baumverlust auch gar keine
Rolle, wenn man die großflächige Waldzerstörung weltweit betrachtet. Vielleicht
können sich auch nur der Natur entfremdete Stadtmenschen derartige Sorgen
machen, die keine Ahnung haben, von dem was so nachwächst. Und doch ist die
Sache wert darüber nachzudenken.
[zu
Opus 136]
Ein
warmes Bett und ein geliebter Mensch sind Ladegeräte für unseren Akku. Das
warme Bett ist die Gebärmutter der Geborenen, das wohlige Nest, die bergende
Höhle... Dem seelisch Gesunden reicht es, sich nächtens dahin zurückzuziehen,
vielleicht gelegentlich auch mal an einem faulen Nachmittag, viele seelisch
Kranke lockt nichts außerhalb des Bettes, sie ziehen sich dahin immer zurück,
wann immer es ihnen möglich ist.
[zu
Opus 139]
Wenn
man zu lange über etwas nachdenkt, es von allen Seiten betrachtet, sich alle
Vernetzungen und alle möglichen Folgen ausmalt - wie soll man dann noch handeln
können! Alles hat nicht nur zwei Seiten, sondern viel mehr. Nur weil es kein
„richtig“ im absoluten Sinn gibt, ist es aber doch nötig, dass man handelt,
wenigstens ein klein wenig richtiger als die meisten. Wenigstens, dass man sich
in der richtige Richtung bewegt.
[zu
Opus 140]
Es
war ein wunderschöner Hang, von Rainen durchzogen, mit Wiesen und Feldern. Die
Großmutter kannte jedes Feld und sie erstaunte mich oft, wenn sie mit über
achtzig Jahren feststellte, dass Bauer Sowieso sein Feld bestellte, ein anderer
Bauer Mist ausbreitete, die Tauben des Vaters auf dem Acker jenes Bauern
niedergegangen seien. Der Hang war für uns nicht irgendein Hang, er war ein
wertvolles Stück Heimat, denn er füllte unseren Gesichtskreis, wenn wir vor
unsere Tür traten. Nun haben sie quer über den Hang einen hohen Damm
aufgeschüttet, auf dem Tag und Nacht der Verkehr rollt. Der Teufel soll sie
holen!
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Opus 141]
„Der
Schoß ist fruchtbar noch, aus dem dies kroch..!“ hatte
Brecht in den Nachkriegsjahren festgestellt. Dass dieser braune Schoß aber
solange fruchtbar bleiben sollte, hat er wohl auch nicht gedacht. Doch auch
jetzt noch, nach „All your need is love“ und „Blowing in the wind“, nach dem
Völkermord in Vietnam und Kambodscha, kommt einem das große Grausen, wenn man
nur die Zeitung aufschlägt. Hört euch nur die bösen Reden von diesem Strauß an!
Und hört euch an, wie ihm die Menschen zujubeln...
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Opus 142]
Das
war mein Traum: ein Häuschen zwischen blühenden Feldrainen, abseits von Dorf
und Stadt, in sonniger Lage, nicht weit vom großen Wald...
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Opus 143]
Zum
Fürchten ist Verstand nötig, zumindest Vorstellungskraft, um sich die Folgen
unseres Tuns auszumalen.
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Opus 144]
Auch
Frauen sollen Soldaten werden, wird heute von liberalen Politikern gefordert!
Ihre Logik ist so einfach wie teuflisch: Wer Emanzipation will, muss auch
bereit sein zu marschieren! Leider gibt es auch ein paar Frauen, die Marschieren
und Töten für ein erstrebenswertes männliches Privileg halten und bereit sind
alle männlichen
Blödheiten
nachzumachen.
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Opus 146]
Das
Leben als eine Wegstrecke zu begreifen, mit Stufen und einem Oben und Unten,
mag eine einfältige Vorstellung sein. Aber es ermöglicht uns eine gewisse
Vogelschau darauf und hilft uns das Leben als Gabe und Aufgabe zu sehen.
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Opus 147]
Sich
hinter einem Leithammel scharen und dann über seinen Führungsstil lamentieren -
ist das nicht eine unserer Lieblingsbeschäftigungen
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Opus 148]
Ob
Hund und Katze, ob Katze und Ratte: Tiere, die mit dem Nötigen versorgt
miteinander aufwachsen, tun sich nichts, ja entwickeln die unglaublichsten
Zutraulichkeiten. Bei Menschen ist es nicht anders, wenn nicht eine bösartige
Umgebung Zwietracht sät.
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Opus 150]
Viele
Kontakte die man so pflegt, haben keinen aktuellen Wert für beide Seiten, sie
kosten Zeit, Nerven und Benzin. Dennoch sollte man sich davor hüten, alte
Freundschaften aufzukündigen, denn sie sind kostbar und nicht zu ersetzen. Und
es ist auch schön, über das Land verstreut vertraute Menschen zu wissen, deren
Zuneigung man aber nicht durch zu häufiges Besuchen verspielen sollte.
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Opus 151]
Es
gab eine Zeit, da meinte ich den Menschen ihre Oberflächlichkeit und ihre Sucht
nach Kurzweil vorhalten zu müssen. Nie habe ich überflüssigere Lieder verfasst.
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Opus 152]
Die
Märzensonne bringt die Haseln zum Stauben und wenn ich mich an den schneefreien
Hängen eine Weile ins dürre Gras lege und den Vögeln zuhöre, dem erfüllt mich
tiefes Glücksgefühl. Ein Monat später, wenn dann die Schlehen, Kirschen und
Anemonen zu blühen, dann überfällt mich die zweite Woge des Frühlingsglücks.
Wenn dann die Apfelbäume blühen und die Wiesen sich löwenzahngelb färben und
meine Bienen mit dicken Pollenringen heimkehren, dann beginnt mir die hohe Zeit
des Jahres.
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Opus 154]
Wenn
einer für sich ein Haus baut, dann soll man ihn in Ruhe lassen! Er hat das
Recht so schön oder so geschmacklos zu wohnen, wie es ihm gefällt. Nur keinem
Nachbarn darf er schaden damit!
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Opus 155]
Reisen
als Zweck und nicht als Mittel! Also nicht Reisen, um von A nach B zu kommen,
nein, der Prozess des sich Fortbewegens, das ist wirkliches Reisen! So wie
nicht das Sattsein schön ist, sondern das Essen, nicht das gelesene Buch schön
ist, sondern das Lesen, so muss auch beim Reisen der Weg das Ziel sein. Und es
ist keine Nostalgie, sondern unabdingbare Voraussetzung, dass zu dieser Art
Reisen kein Motor als Antriebsmittel passt, es reichen die eigenen Beine, die
ohne Zweifel die uns entsprechendste und edelste Art des Reisens ermöglichen.
Doch auch ein Reittier, ein Kanu, ein Segelboot, ein Fahrrad, ein Ballon, ein
Flugdrachen oder ähnliches sind als Hilfsmittel geeignet und akzeptabel.
Natürlich
kenne ich den Einwand: Die Welt ist heute nicht mehr natürlich und
kleingegliedert und voll neuem Reiz hinter jedem Berg, sie ist weitgehend eine
Agrarsteppe, kahl und ausgeräumt, von Asphalt und Hochspannungsleitungen
durchzogen, zubetoniert, langweilig und einfältig wie die Köpfe derer, die das
verbrochen haben. Durch eine solche Öde müsse man mit Maschinen eilen und keine
Geschwindigkeit sei dafür hoch genug. Und doch, das ist nicht wirkliches
Reisen. Nach meinen Erfahrungen muss man sich in trostlosen Gegenden an den
Flüssen entlang schlängeln, wo es noch einigermaßen erträglich ist.
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Opus 156]
Meine
Erfahrungen mit Ämtern und Bürokraten sind umfangreich und überwiegend
trauriger Natur - auch wenn sich in Büros durchaus auch liebenswürdige Menschen
tummeln, die ihre menschlichen Qualitäten von zu Hause mitbringen, sie mögen
sie sich hoffentlich noch lange bewahren! Doch ich rede hier von den faden und
hochmütigen Bürokraten, die ihre Vorschriften für ihre eigenen halten und sich
für den Staat, dem sie doch nur Werkzeug sind. Eigentlich für die Bürger da,
sind ihnen diese nur Arbeit und oft genug scheint es, ihre persönlichen Feinde,
deren Ansprüche und Forderungen sie abzuwehren haben und von deren Geld sie
möglichst viel kassieren müssen, auch um sich selber zu erhalten.
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Opus 157]
Arbeitende
bringen aus der Arbeit nicht nur Geld nach Hause, sondern oft genug auch Unmut,
Müdigkeit, Demütigung, Zorn, Ungeduld, Überreizung. Und ohne dass sie es wollen
- ich spreche aus eigener Erfahrung - geben sie die Last oft weiter an die
Familie.
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Opus 158]
Die
Zeitungsmeldungen eines Tages reichten aus zum Verzweifeln! Es läuft soviel
verkehrt, in diesem Land, in dieser Welt! Nicht nur, dass die Soldaterei noch
immer nicht geächtet ist, nein, der militärische Wahnsinn treibt immer neue
Blüten! Und noch immer geben Mütter ihre Söhne dafür her!
Und
das Gefasel von Freiheit und Menschenrechten! Soviel Lüge, soviel Betrug! Und
das scheinheilige Pochen auf Verfassungstreue! Die am lautesten schreien, haben
nie Achtung davor gezeigt und das Grundgesetz zigfach geändert und verwässert!
Es ist wie immer, die Brandstifter schreien am lautesten nach der Feuerwehr!
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Opus 159]
Es
raschelt im Gebälk, es sind die alten Würmer. In den Wänden steckt der alte
Schwamm und in den Ritzen und Winkeln verbergen sich tagsüber die Wanzen. Im
Keller liegt der alte Müll und die alten Ratten gehen ein und aus.
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Opus 160]
Wenn
ich in der Kreuzberger Naunynstraße am Fenster saß und den schmutzigen Asphalt
betrachtete, malte ich mir aus, die Straßenschlucht sei ein Garten mit großen
Laubbäumen, Obstgehölzen, Gemüsebeeten, weidenden Tieren, einem gewundenen
Bächlein, spielenden Kindern. Und statt heulender Motoren und Türenschlagen
füllte die Ohren Vogelgesang.
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Opus 161]
Die
Menschen sind nicht wirklich böse, sie sind nur träge, unreif, ängstlich,
schwach, festgefahren, zu beschäftigt, gerne wichtig, laut, voller Illusionen
und ihre schlimmste Krankheit ist die Langeweile, aus der sie heraus
miteinander die übelsten Spiele spielen. Und dann gibt es auch die Freude
daran, andere zu beherrschen und ihnen überlegen zu sein. Statt solches Tun zu
brandmarken und zu verachten wird es honoriert und bewundert. Und das ist die
Quelle für alles Böse.
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Opus 162]
„Was
verboten ist, das macht uns grade scharf!“, sang Wolf Biermann und jeder, der
den Leuten zuschaut, kann sich von der Wahrheit dieser Feststellung überzeugen.
Oft bekommt man von den Leuten nur was man will, wenn man zuvor das Gegenteil
einfordert.
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Opus 164]
Können
Lieder etwas bewegen Ja, vielleicht nicht gleich die Welt, aber doch
gelegentlich einzelne Menschen. Lieder haben mich bewegt und weil ich dies
erfahren habe, wurde ich Liedermacher. Und ein paar Mal habe auch ich schon
gehört, dass eines meiner Lieder ähnliches bei anderen ausgelöst haben soll.
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Opus 165]
Ich
sei ein Eigenbrötler, sagte mir mit zwanzig Jahren mein Meister in der
Kreuzberger Glühlampenfabrik. Sieben Jahre später fing ich wirklich an mein
Brot selber zu backen.
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Opus 166]
Es
waren nicht nur ökologische Gründe, die mich im 1978 für vierzehn Tage aufs
Dach steigen ließen und eine Sonnenheizung bauen, aus Kupferrohren, gebrauchten
Schaufensterscheiben, einer alten Regentonne usw. (die Anlage funktionierte
übrigens viele Jahre lang), nein, da war auch das starke Gefühl, mit der
Solarheizung ein Stück mehr Freiheit zu erlangen, weniger abhängig zu sein.
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Opus 167]
Der
Wald ist wie eine Mutter, er schenkt uns Nahrung, Wärme und Frieden.
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Opus 168]
Das
Sterben der Bergwälder mit unserer künstlichen Lebensweise in Verbindung zu
bringen, fällt vielen nicht leicht. Der Zusammenhang ist nicht sichtbar und der
Mensch ist ein Augenwesen und nur auf den augenblicklichen Vorteil bedacht.
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Opus 169]
Und
wenn die Sonne noch so heiß brennt - nie werde ich mich über sie beklagen! Und
wenn noch soviel nächtliches Gedudel von Sommerfesten mir den Schlaf raubt,
niemals würde ich mir deswegen den Winter herbeiwünschen! Und wenn mich das
Gesumm von Fliegen- und Mücken noch so nervt - es ist die Musik des Sommers,
des geliebten Sommers!
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Opus 170]
Zivilcourage
- wenn es genug davon gäbe, dann wäre dieser Sumpf bald trockengelegt!
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Opus 172]
Es
ist einfach eine zu tiefe Kluft zwischen dem, was die Menschen anstellen und
dem, was sie verantworten können. Die Dinge sind so ineinander verwoben und der
Mensch denkt nur so armselig gerade und kurz.
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Opus 174]
Etwas
leisten und sich etwas leisten - das gilt als Devise in unserer
Leistungsgesellschaft. Doch jenes wird oft überschätzt und entspricht selten
dem Entgelt, das dafür bezahlt wird und dieses ist davon abhängig. Mein Tipp -
sich Dinge leisten, die keinen Warenwert haben, z.b. Denken, Humor, Courage,
Liebe, Zuwendung, Solidarität, Natur, Phantasie.
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Opus 175]
Die
amtliche Datenerfassung wird immer lückenloser und die Gefahr des Missbrauchs
steigt.
Es
ist anmaßend, was der Staat alles über seine Bürger registriert, denn vieles
geht ihn überhaupt nichts an.
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Opus 176]
Die
Zahl und Größe der Städte ist Maßstab dafür, wie sehr sich eine Kultur der
Natur entfremdet hat und wie hoch der Grad an Arbeitsteilung ist. Anonym und
beziehungsarm leben die Menschen dort in unüberschaubaren Strukturen und in den
Köpfen spiegelt sich die Künstlichkeit, die sie umgibt.
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Opus 177]
Wer
sein Leben nur als Gabe begreift, der wird seinen Zweck darin sehen, alle
Sinnesfreuden optimal zu genießen. Wer das Leben als Aufgabe begreift, der wird
alles tun, um den Weg, auf dem die Menschheit unterwegs ist, möglichst in die
richtige Richtung weiterzubauen, seinen Platz als Gliedchen in der langen Kette
der Generationen gut auszufüllen und daraus seinem Dasein einen höheren Sinn
abgewinnen.
Die
wahre Lebenskunst besteht darin, im richtigen Maß beide Möglichkeiten zu leben:
das Leben als Gabe und Aufgabe!
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Opus 179]
Was
für ein Alptraum: der Himmel gefüllt mit Pharisäern, Heuchlern und Philistern!
Mit den Scheinheiligen aller Länder, mit den Süßlichen, Biederen, Mächtigen der
Erde...
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Opus 180]
Es
gibt Augenblicke, da bin ich es leid zu appellieren,
hinzuweisen, zu debattieren. Vielleicht, so meine Rechtfertigung, könnte
mitleidiger Spott die Einfältigen in ihrem Stolz treffen und sie zum Nachdenken
bringen. Zumindest später, wenn sich ihr Zorn gegen mich gelegt hat und sie
nicht mehr wissen, was ihnen da im Kopf an neuer Einsicht umgeht.
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Opus 181]
Selten
hilft man jemandem, wenn man ihn zu fest umklammert, ihn einengt, in
Abhängigkeit bringt, ihm die Luft nimmt.
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Opus 182]
Gewalt
kann man nicht mit Gewalt beseitigen, Hass nicht mit Hass, Dummheit nicht mit
Dummheit!
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Opus 183]
Gewiss
werden auch wir einmal eine Chance bekommen! Doch sind wir dafür vorbereitet
Das, was wir dann anders machen wollen, müssen wir heute schon lernen, heute
schon üben! Wer erst gehen lernen muss, wenn er den gewünschten Weg bekommt,
der wird nicht weit kommen. Darum übe dich auf den vorhandenen Wegen, auch wenn
sie oft im Kreis führen.
[zu
Opus 184]
Etwas
schützen, in dem man mit seiner Zerstörung droht, diese perverse Militärdoktrin
hat mich rasend gemacht.
[zu
Opus 186]
Man
kann vielleicht Sicherheit durch Zähne und Panzerung erreichen, ebenso aber
auch durch Freundschaft und Freundlichkeit, letzteres macht mehr Spaß.
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Opus 187]
Wir
waren nie Dauerhändchenhalter, wir haben uns geneckt, manchmal geärgert, wohl
gelegentlich auch verletzt - doch hundert Mal öfter haben wir uns
geliebt. Daneben verblassen alle anderen schönen Erinnerungen.
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Opus188]
Wo
ist der Retter, der Messias, der Leithammel Wo der Papa, der es schon richten
wird Wo die Mutter, unter deren Rockschoß wir flüchten können Wo die rettende
Wahrheit, das stützende Dogma, die Fahne, hinter die wir uns scharen könnten
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Opus 189]
Gelegentlich
muss ich den Niederungen entfliehen, den Sümpfen, deren fauliges Wasser mir oft
bis zum Kinn reicht, dem Ameisengewirr der Stadt, den Ketten aus Sachzwängen
und Regeln, meinem lächerlichen Stolz.
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Opus 190]
Könnten
wir die Welt wirklich retten Ja, wenn wir uns von unseren Illusionen trennen,
von unserem Stolz, den Fleischtöpfen, unseren Gewohnheiten, unserer
Rechthaberei, unseren Stimmungen.
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Opus 191]
Es
wird noch einmal eine Zeit kommen, da werden es die Menschen nicht glauben,
dass Bauern und Gärtner die Lebensmittel mit den schrecklichsten Giften
spritzen durften und diesem Treiben den verlogenen Namen „Pflanzenschutz“
gaben.
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Opus 192]
Nein,
ich wäre kein gütiger Gott! Mit Blitzen würde ich werfen auf diejenigen, die
meine Schöpfung zerstören! Doch andererseits: wenn die Menschen nur
vernünftiger würden, um meinen Blitzen zu entgehen, könnte ich mich daran
freuen Nein. Also, keine Blitze. Aber was dann
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Opus 193]
Bei
der Partnersuche ist es wie beim Stuhlgang, beim Schlafen, beim Lieben, beim
Kinderkriegen und beim Erinnern - je mehr man die Sache erzwingen möchte, desto
weniger funktioniert es.
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Opus 194]
Etwas
leisten, nützlich sein, einmal nicht umsonst gelebt haben, etwas hinterlassen,
das noch lange die Menschen erfreut - und dabei selber Freude haben! So habe
ich versucht mich einzubringen und lange war mir nicht bewusst, dass dies der
anmaßende und auch hilflose Versuch ist, dem Leben durch Künstlichkeiten einen
Wert außer ihm zu geben und damit unzulängliches eigenes Tun über das Leben zu
stellen. Doch auch nachdem ich das erkannt hatte, hielt ich es weiter so, denn
ohne diese Illusion kann ein Mensch vielleicht nicht leben und würde vor der
Zeit an Langeweile sterben.
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Opus 195]
Ein
Barde sollte eine moralische Instanz sein! Sein Gesang sollte die Menschen
feinfühlender machen, aufwecken, ihnen Mut geben – sollte schon auch angenehm
sein - doch nie einlullen und mit billigen Phrasen unterhalten. Die, das
machten, waren mir nur Verpackungskünstler und eitle Zeisige.
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Opus 196]
Die
Menschen verbringen den weitaus größten Teil ihres Lebens heute in ihren
künstlichen Höhlen, schon Kneipp hat sie deswegen vor hundert Jahren
„Stallmenschen“ genannt.
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Opus 198]
Wenn
wirtschaftliche oder politische Zwänge verwurzelte Menschen in die Fremde
zwingen, ist das ein großes Unglück. Ich habe dieses Los als Gewalt begriffen,
der Trennungsschmerz lähmte und würgte mir oft die Eingeweide.
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Opus 199]
Die
Menschen erscheinen mir oft wie Karikaturen, wie Abziehbilder. Sie sprechen
einander nach und spielen ihre Rollen, als wenn sie sie selber geschrieben
hätten und haben sie doch nur auswendig gelernt. Sie plustern sich auf wie
Hähne und aus ihren Schnäbeln kommt das immergleiche
Kikeriki.
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Opus 200]
Auflisten,
was uns missfällt, das ist leicht. Doch die Beseitigung der Missstände mit
Glück gleichzusetzen, dass wäre zu einfach, da muss sich schon auch noch so
manches Unausgesprochene erfüllen...
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Opus 201]
Kein
Datum hat für mich so etwas Umbrechendes wie der erste Septembertag. Mit einem
Mal ist der Herbst da. Das Licht ist anders, es sticht in die Augen und alles Unbescheinte
sinkt in tiefen Schatten. Die Sonne steigt nur noch so hoch wie im April und
die Nacht ist fast schon wieder so lang wie der Tag, was nicht mehr ausreicht
den Badeweiher auf das Erträgliche zu erwärmen und so überlassen wir ihn wieder
den Fischen und Fröschen. Der Sommer, also das, auf was man sich in unseren
Breiten die übrige Zeit freut, ist vorüber. Für den Imker beginnt das neue
Bienenjahr, für die Schulleute das neue Schuljahr. Für uns als Pendler hatten
die Sommerferien noch größere Bedeutung, denn ihr Ende heißt Abschiednehmen
nach sechs Wochen. Wir ernten den Garten ab und stellen den Kopf um.
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Opus 202]
Spätere
Generationen, so es sie gibt, werden es einmal kaum glauben können, dass zum
Ende des zweiten Jahrtausends, mitten in Europa, sich zwei derart
unversöhnliche politische Blöcke gegenüberstanden, von denen beide ihre
wirtschaftliche Ideologie höher bewerteten als sich selber. Bedrohten sich in
früheren Zeiten Armeen, so bedrohen diese heute mit ihren atomaren Sprengköpfen
alle Menschen, ja alles Leben auf der Erde. Und nicht alles einmal vernichten
können, reichte diesen Wahnsinnigen! Sie können es heute schon hundertmal und
dennoch rüsten sie immer weiter. Ihre Drohung: Wenn ihr uns angreift,
verbrennen wir euch! Dass ihr auch uns verbrennt, nehmen wir in Kauf, denn wir
sind lieber tot als rot..!
[zu
Opus 203]
Du
sitzt im vollen Kühlschrank, gut versorgt inmitten der verlockendsten Speisen,
du kennst es nicht anders. Alleine mit der Temperatur willst du dich nicht
recht abfinden. Manchmal denkst du, dass man auch anderswo leben kann. Selbst
auf die Gefahr hin, dass es dort vielleicht auch nicht wärmer ist und das
Speisenangebot karger, willst du dein kühles Schlaraffenland verlassen, du
nennst es ein Gefängnis. Doch wo ist der Ausgang
[zu
Opus 204]
"Dass
das weiche Wasser in Bewegung mit der Zeit den harten Stein besiegt. Du verstehst
Das Harte unterliegt!" So ließ Brecht seinen Laotse formulieren.
Und
dies ist eine tröstliche Wahrheit für den hart werdenden jungen Menschen, wenn
ihm das Ausmaß des menschlichen Unrechts einmal bewusst wird. Schnell hat einer
die Urheber ausgemacht und meint, er müsste sein Leben einsetzen und die Welt
mit Gewalt von einem Tyrannen befreien.
Doch
der Tyrann gleicht dem Kopf einer Hydra und gewaltsames Abschneiden lässt
dutzendweise Hydraköpfe nachwachsen und nicht selten wird der
"edle" Streiter bald zum schlimmsten von ihnen... Dafür lohnt
es sich einfach nicht zu sterben.
Darum
werde wie das Wasser, weich aber beständig fließend!
[zu
Opus 205]
Täglich
passieren unzählige Schweinerein. Nur ein Bruchteil
davon wird bekannt. Davon passt wieder nur ein kleiner Teil in eine Zeitung.
Wer wählt diesen aus Wer bestimmt, wie und in welcher Form darüber berichtet
wird
[zu
Opus 206]
Die
Tiere leben in der Gegenwart. Sie denken vermutlich weder an Morgen noch an
Gestern. Und wir Menschen Die Jungen träumen von Morgen, die Alten von Gestern.
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Opus 207]
Mit
meiner Lärmempfindlichkeit befinde ich mich in guter Gesellschaft, auch
Schopenhauer wetterte gegen die peitschenknallenden Fuhrleute seiner Zeit, die
ihm den letzten Nerv raubten. Nicht auszudenken, hätte er wie ich, fünfzehn
lange Jahre, als Internatsleiter sein Brot verdient und mit Hunderten von
Jugendlichen unter einem Dach wohnen müssen! Und über unseren Köpfen, oft keine
hundert Meter darüber, tobten Militärjets an allen sonnigen Tagen. Unsere Wände
bebten und die Trommelfelle drohten zu zerreißen. Acht Stunden Schlaf war immer
mein Ziel, bekommen habe ich meistens nicht die Hälfte.
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Opus 208]
Der
Leidenschaften sollte man sich enthalten, sagte Glückseligkeitslehrer Epikur,
denn in ihrem Gefolge käme stets der Schmerz. Aber um den zu vermeiden müsste
man sich wohl auch aller tieferen Bindungen enthalten, denn alleine diese geben
den Enttäuschungen Gewicht und Schärfe. Doch was wäre das für ein Leben! Ist da
nicht im akuten Schmerzfall der Alkohol als Tröster vorzuziehen Und das
Einlassen auf Freunde, die für erträgliche Dosierung sorgen
[zu
Opus 211]
Solange
die Börsen dieser Welt nicht als Plätze der Gaunerei geächtet werden, solange
Waren produziert und verkauft werden, die niemandem nützen, ja, die oft nur
zerstören, solange nur danach entschieden wird, ob eine Sache Gewinn verspricht
und nicht ob sie gebraucht wird, solange kann es auf dieser Welt nicht besser
werden, solange bleiben alle Reden über Menschenrechte und Ökologie nur
gutgemeinte Phrasen.
[zu
Opus 215]
Ach
ja, Seeräuber wollte ich auch einmal werden, natürlich ohne Blutvergießen -
Freiheit der Meere - die Beuteschiffe der Reichen entern und die Ladung den
Armen zurückgeben – Hulamädchen – einsame polynesische Inseln - Abenteuer
- freie Konfektion...
[zu
Opus 216]
Ein
total blödsinniges Lied wollte ich schreiben und fügte eines Abends die
unterschiedlichsten Impressionen und Expressionen zu einem Puzzle zusammen,
unterstützt von einigen Gläsern selbstgekelterten Apfelmostes.
Meine
Frau kam einige Male ins Zimmer, weil sie mein Gelächter nicht deuten
konnte. Kurz - ich hatte ziemlich viel Spaß bei der Reimerei.
Der
Kritiker eines norddeutschen Musikmagazins suchte sich fünf Jahre später für
seine Besprechung meines Liederbuches akkurat dieses Lied aus. Seine Kritik war
vernichtend.
[zu
Opus 217]
Die
Kunde, dass unsere Wälder sterben und eigene Ansichten dieses Tatbestandes, erfüllte mich mit heiligem Zorn. Dieser gab mir die Kraft
über Jahre meine Stimme gegen das wahnwitzige industrielle Treiben zu erheben.
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Opus 219]
Sisyphus
wurde wegen eines Regelverstoßes von Zeus dazu verdammt, einen Felsbrocken auf
einen Berg zu wuchten, der immer wieder ins Tal rollt. Auch wir schieben alle
unseren Felsen vor uns her, ohne Aussicht, ihn wirklich auf den ersehnten Berg
bringen, geschweige ihn dort halten zu können. Als Lösung meinte ich –
dreißigjährig - raten zu müssen, dass die Leute ihre Felsen zerschlagen und die
Teile gemeinsam auf den Berg schaffen sollten. Heute, zwanzig Jahre später,
weiß ich, dass es keine sinnlose Bewegung gibt und es für uns alle das größte
Unglück wäre, würde unser Stein auf dem Berggipfel liegen bleiben. Und ich
wette: Sisyphus hatte seine Freude daran, den Stein ins Tal poltern zu
lassen...
[zu
Opus 221]
Meine
Abneigung gegen Werbung sitzt tief, wenig unsittlicheres
fällt mir ein.
[zu
Opus 222]
Was
gibt es traurigeres als eine Sklavenseele, die nur etwas tut, wenn die Peitsche
droht oder ein Vorteil lockt Die über Jahrzehnte das Leben vergeudet, ja, des
Lebens überdrüssig ist und die erst kurz vor dem Tod die große Panik überfällt
und nun alles Versäumte nachholen möchte. Darum kann man nur raten seine
Möglichkeiten zu nutzen, Wissen, Kraft und Geschicklichkeit für die richtigen
Dinge einzusetzen, alles auszuprobieren und alles zu kosten, was es zu kosten
gibt! Zu gehen, wenn man Beine hat und zu schauen, wenn man Augen hat!
[zu
Opus 223]
Wenn
die Sonne den letzten Schnee vom Garten weggeschleckt hat und endlich die Reste
der Gründüngung vom Herbst beiseite gerecht werden können, dann beginnt das
Bereiten der Saatbeete, das Sähen und Pflanzen, das Gießen, Anhäufeln, Mulchen,
Hacken und Jäten. Das derartiges Treiben Spaß macht,
begreifen viele nicht. Sei’s drum, ich kann ihnen nicht helfen.
[zu
Opus 225]
Ich
kenne niemanden, der sich gänzlich kulturellen Dingen verschließt, auch wenn
man diese auf künstlerische Dinge beschränkt. Musik mögen alle, wenn auch nicht
alle dieselbe. Auch bildnerischen Dingen gegenüber ist kaum jemand gänzlich
gleichgültig, ebenso wenig sprachlichen Schöpfungen. Wir unterscheiden uns
eigentlich nur im Grad der Entwicklung, dem Grade des Verständnisses für eine
Sache. Klassische Musik, besonders die Oper, Freejazz, abstrakte Kunst, weite
Bereiche der gehaltvolleren Literatur - sind der Mehrzahl der Menschen eher
Grund zum Ärgern als hoher Genuss. Was man da an Hinführung in jungen Jahren
versäumt, lässt sich später kaum nachholen.
[zu
Opus 226]
Selten
wollen Kinder das, was ihre Eltern wollen, eigentlich sollte dies jeder von
sich selber noch wissen. Doch dann wird man Vater und möchte seinen
Sprösslingen alles das beibringen, was man selber kann und wer hätte nicht auch
gerne, dass diese auch in ihren Urteilen und Ansichten dem elterlichen Beispiel
folgten... Auch wenn der Apfel meist nicht allzu weit vom Stamm wegrollt, so
rollt er eben erst einmal doch weg und man fiebert eine ganze Weile, bis er
schließlich seinen Platz zum Wurzeln gefunden hat.
[zu
Opus 227]
Fortschritt
als Mittel, etwa um besser leben zu können - wenn auch die langfristigen Folgen
berücksichtigt werden, habe ich nichts dagegen! Aber Fortschritt als Ziel, so
wie er uns heute verkauft wird, das ist gefährlicher Schwachsinn.
[zu
Opus 228]
Ich
habe nie etwas anderes geraucht als Pfeife und auch die brannte tagsüber fast
nie. Erst zum Feierabend holte ich eine aus meiner Sammlung, fummelte eine
Weile mit mehreren Utensilien herum bis sie brannte und beglückte dann meine
oberen Atemwege mit dem Rauch parfümierter Blätter. Ich wusste sehr wohl, dass
Rauchen an Dummheit nur von wenig anderem zu überbieten ist, dennoch habe ich
über zehn Jahre geraucht. Und auch dann war es nicht der Verstand, der mich zum
Aufhören brachte, sondern Schaden, der bekanntlich klug macht. Ich hatte mein
Geruchsempfinden verloren, das wiederkam, als ich Tabakqualm zu meiden begann,
nicht nur eigenen, sondern auch fremden.
Nun
ist das aber überhaupt nicht leicht, weniger wegen des Rauches, als wegen der
Beschäftigung mit der Pfeife. Sie ist quasi ein Geländer, an dem man sich
festhalten kann, ein tolles Fummelgerät, mit dem man in Gesellschaft nicht nur
Pausen überbrücken kann, und natürlich ein Spielzeug für die Lippen. Da man -
wenn man das Rauchen aufhört - nur schwer wieder anfangen kann Daumen zu
lutschen oder an einem Schnuller zu schnullern, stecken viele Süßigkeiten oder
Knabberzeug in den Mund. Ich nahm eine Blockflöte. Ich spielte damals sogar
vorm Fernseher, ja gerade da, weil ich davor oft geraucht hatte. Ach, was
musste meine geduldige Familie damals erleiden...! Am Ende war ich Nichtraucher
und Flötenspieler.
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Opus 229]
Wenn
einer lange genug gewachsen und seine Krone tragfähig ist, dann sollte er nicht
weiter in den Himmel treiben (denn die paar noch möglichen Meter bringen diesen
nicht näher). Er sollte zusehen, dass er Blühten ansetzt, dass an ihm Früchte
reifen, zur Verschönerung der Welt, zur Labung der andern und natürlich zur
Fortführung der Art. Manch einer blüht zu früh und bricht unter den Früchten
vor der Zeit, ein anderer "rüstet sich" den Sommer lang zum Blühen
und wird vom Winter überrascht.
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Opus 231]
Traditionelles
waldlerisches Selbstverständnis: man kokettiert als „Highlander“ mit dem, was
die „Lowlander“ des reichen und klimatisch begünstigten Gäubodens gerne als
Spott über den „Nordwald“ und seine Bewohner vorbringen. Hochmütiges Gefrotzel
der Münchner - Salonbayern, ist uns zumeist nicht einmal eine Antwort wert und
preußischen Hochmut kann ein Waldler sowieso nicht ernst nehmen... Doch diese
selbstbewussten Waldler sind am Aussterben und gehören auf die Rote Liste der
bedrohten Arten...
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Opus 232]
Von
einem bayerischen Barden wollen die Leute Satire, Hinterfotzigkeit und deftige
verbale Keulenschläge, oder, wenn es schon sein muss, volksdümmliches
Geträller. Eines wollen die Hörer aber überhaupt nicht: Moral! Mit einem
moralischen Lied schafft man es ohne weiteres die
beste Stimmung im Publikum innerhalb Minuten auf den Nullpunkt zu bringen.
Dieses wohl wissend, habe ich derartige Lieder trotzdem gesungen, wenn ich den
Beifall der Kleinkunstschickeria, die immer nur nach beißendem Spott und
Pointen giert und auf gewisse Weise genau so kleinkariert und boshaft ist wie
jene, die sie verlachen, nicht mehr ertragen habe.
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Opus 233]
Mein
alter Kater ist ein fauler Kater, alleine deswegen stellt er recht wenig an.
Doch manchmal bewegt er sich, tätzelt neckisch nach einem Tischtennisball,
richtet sich auf, dreht den Kopf und gibt sich ähnlichen anstrengenden
Bewegungen hin. Nur gelegentlich lässt er sich gehen und gibt sich seinen
Stimmungen hin und tut so, als sei ihm nicht schon vor über einem Jahrzehnt von
menschlicher Willkür die Männlichkeit geraubt worden.
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Opus 236]
Wahlkampf
ist oft eine würdelose Sache. Die Kandidaten versuchen sich gegenseitig kleiner
und schlechter zu machen, um selber größer und vorteilhafter zu wirken. Sind
sie dann gewählt, dürfen sie auch nichts durchsetzen, was unpopulär macht,
sonst bekommen sie vom Wähler die Quittung. So ist die Politik ein recht
seltsames Geschäft.
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Opus 237]
Die
heutige Jugend gilt als kritisch und unzufrieden, doch das sind nicht meine
Erfahrungen. Von den über 4000 Jugendlichen, die ich in meiner pädagogischen
Laufbahn betreuen durfte, interessierten sich für die brennenden politischen
und ökologischen Themen der Zeit nur eine kleine Minderheit, ein Anteil nicht
höher als in der Gesamtbevölkerung. Für popig aufgemachte Jugendthemen konnte
man vielleicht 10 Prozent mobilisieren. Die Interessen der anderen Rauchen,
Trinken, Autos, Mopeds, Disco, Mode, Fußball und natürlich das andere
Geschlecht.
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Opus 239]
Wie
leicht ist es etwas zu zerstören, wie schwer dagegen, etwas aufzubauen! Wie
leicht ist es auf den Schwachen herumzuhacken und wie schwer, dem Starken die
Stirn zu bieten! Wie leicht ist es vor dem Unrecht die Augen zu schließen und
wie schwer ist es manchmal, für Gerechtigkeit einzutreten.
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Opus 240]
Und
dann war da plötzlich eine zweite Erde: gleich da oben, wenig höher als die
Wolken, näher als der Mond auf jeden Fall... Und diese Erde war jungfräulich,
unverbraucht, mit sauberem Wasser, klarer Luft, endlosen Wäldern, voller Tiere
und - das wichtigste - menschenleer!
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Opus 241]
Unsere
Wirtschaft floriert nur, wenn gekauft wird. Nur dann, wenn es alljährliches
„Wachstum“ gibt, also mehr produziert und konsumiert wird wie im Jahr zuvor, dann
geht es uns gut, so wird uns gesagt. Nun sollten wir aber eigentlich wissen,
dass für unser Wohlergehen nur ein Teil dieser Waren nötig wäre, das
Allermeiste sind Accessoires, über dessen Sinn sich trefflich streiten ließe.
Ein weiterer beträchtlicher Teil der Produktion ist nur für unsere Mobilität
nötig, weil Wohnen, Arbeiten und Erholen heute meist an verschiedenen Orten
passiert, weil Familienmitglieder und Freunde über das ganze Land verstreut
leben. Und ein weiterer Teil ist nur nötig, um die Schäden, die wir mit unserer
Lebensweise erzeugen, zu reparieren. Schließlich bleiben dann noch die
gigantischen Aufwendungen, die wir in die Rüstung stecken, so als könnten uns
Raketen und Bomben vor den Bedrohungen schützen, die wir selber erzeugen.
Wenn
diese Überlegungen richtig sind, dann könnten wir locker auf die halbe
Produktion schadlos verzichten und unsere Arbeitszeit auf die Hälfte
zurückfahren.
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Opus 242]
„Du
wirst noch merken, dass du nichts versäumst“ sagte mir mein Vater, als ich im
jugendlichen Alter oft kaum die Zeit hatte für die Mahlzeiten, um ja gleich
wieder loszusausen, dorthin, wo ich meinte, dass ich sein musste.
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Opus 243]
„Alleine
kannst du doch nichts ausrichten! Du bist ein kleines Würstchen und die andern
sind mächtig! Dein Widerstand ist hoffnungslos!“ Wie oft musste ich mir solche
Reden anhören und ich habe darauf gepfiffen, denn ich hatte keine Wahl, denn
mein Gewissen zwang mich den Mund aufzutun. Eine Laus im Pelz kann einen
Mächtigen ganz schön beißen, an einer Gräte kann er ersticken und ein Scherz,
der einen Mächtigen entlarvt, kann ihn stürzen usw. Im übrigen
sind alle Gedanken erst einmal von Einzelnen gedacht worden und – wenn sie gut
waren, haben sie irgendwann viele gedacht. Der einzelne Mensch muss sich
einmischen und er muss den anderen ein Beispiel geben, sonst ändert sich
nichts. Es ist Fatalismus und Herdentum, wenn man alles treiben lässt. Wie
lange habe ich alleine gegen den Rüstungswahnsinn gesungen und dann stand ich
im Herbst 1983 auf einmal mit Hundertausenden in der Menschenkette zwischen
Stuttgart und Ulm! Es war wie im Märchen!
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Opus 245]
Ich
stellte mir vor, dass irgendwann einmal ein Kind mich fragen würde, warum ich
nichts gegen den Wahnsinn getan habe, in einer Zeit, wo man nicht einmal um
sein Leben fürchten musste, wenn man den Mund auftat.
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Opus 246]
Dies
ist im Grunde mein gefährlichstes Lied, denn würden die Leute sich danach
richten und wirklich ihre Ausgaben auf das Nötige beschränken, dann würde unser
Wirtschaftssystem, das auf Verschwendung aufgebaut ist, zusammenbrechen.
Trotzdem ist das Liedchen unangreifbar, nicht einmal die heilige
Inquisition könnte daraus einen Strick drehen...
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Opus 247]
Im
Grunde geht es uns - auch älter geworden – um nichts anderes, als dem, was auch
einem Neugeborenen die kalte Welt erträglich macht: Wärme, Zuwendung, Liebe.
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Opus 248]
Spätere
Generationen werden es wohl kaum glauben: Staaten, die sich selber als
zivilisiert betrachten, haben im 20. Jahrhundert aus ideologischen
Gründen zum tausendfachen Overkill fähige Massenvernichtungswaffen
gegeneinander gerichtet. Und die meisten Atomraketen waren auf Ziele in
Deutschland gerichtet, die der Russen grad so, wie die der Amis, der Engländer
und der Franzosen. Und die deutsche Regierung unterstützte vasallentreu die US
- Amerikaner und sprach sich für weitere Raketen aus, die sogenannten Pershing
2, mit denen sogar Moskau in wenigen Minuten getroffen werden konnte, was eine
ganz neue Qualität der Bedrohung darstellte. Schon ein Computerfehler konnte
einen Fehlstart und den Gegenschlag und somit die absolute Katastrophe
auslösen. Wenn man das alles weiß, kann man sich nur wundern, warum es keine
Menschenkette von Hamburg bis München gab. Aber immerhin, über 110 Kilometer
reichte die Menschenkette über die schwäbische Alb, und auch diese wird niemand
vergessen, der dabei gewesen ist.
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Opus 249]
Das
“alternative” Denken erfasste Anfang der 80iger Jahre weite Teile der
Gesellschaft. Alternativ hieß eigentlich nichts anders als wertkonservativ, im
Gegensatz zu „strukturkonservativ“ und fortschrittsgläubig. Man erinnerte sich
bewährter traditioneller Lebensweisen und Techniken und versuchte der alles
beherrschenden Künstlichkeit und dem Kommerz ein wenig zu entrinnen. Leider gab
es auch Sektierer, die durch Fanatismus und Kleingeisterei den vernünftigen
Wandel in Verruf brachten. Und Gegenwind kam nicht nur aus der rechten und
liberalen Kommerzlerecke, sondern auch aus der linken, denn dort war man genau
so vernagelt fortschrittsgläubig und materialistisch. Auch für Spötter waren
die alternativen Übertreibungen eine dankbare Sache, denn über Körndlfresser,
Gemüseheinis und Naturapostel ließ sich trefflich spotten.
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Opus 250]
War
es verantworten, in diese verrückte Welt Kinder zu setzen, konnte man Kindern
dies anzutun Diese Fragen wurden damals diskutiert und auch wir haben darüber
nachgedacht. Das folgende Lied ist als verzweifeltes Gedankenspiel eines Vaters
zu verstehen, der glücklich seinen Nachwuchs in den Armen hält.
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Opus 251]
Ich
hatte nie Probleme für eine als richtig erkannte Sache auch mit Gegnern ein
Stück weit zu gehen. Würde sich diese Eigenschaft durchsetzen, wäre dies das
Ende von Fanatismus und Korpsgeist.
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Opus 252]
Vielleicht
sollte man es nicht so streng sehen, eine Demokratie fällt schließlich nicht
vom Himmel, sondern muss von der Bevölkerung erst in einem langen Prozess
errungen werden. Und so ist Demokratie eben nicht gleich, was ihr Name
verheißt, eine Volksherrschaft, sondern erst einmal nur ein hübsch klingender Slogan
für eine Mogelpackung: die Herrschaft des Geldes und der Konzerne.
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Opus 253]
Die
Freiheit gibt es nicht, sondern nur das Gefühl davon. Keine willkürlichen
Verbote im persönlichen Bereich, das reicht.
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Opus 254]
Wer
sich für einen Beruf entscheidet, akzeptiert die Arbeitsteiligkeit der Welt und
den zerrissenen Teilmenschen. Und das fällt mir schwer, in lichten Momenten.
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Opus 255]
Es
soll doch bloß keiner glauben, dass die Urlauber bei uns das suchen, was sie zu
Hause sowieso haben: Verkehr, Unwirtlichkeit, moderne Uniformität. Und -
Urlauber sind untreu. Wenn es ihnen an einem Ort nicht gefällt, fahren sie im
nächsten Jahr woanders hin. Doch geht es nicht nur um die Urlauber, es geht um
unseren eigenen Lebensraum, unsere Heimat!
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Opus 256]
Dieses
Lied ist nicht gerade sehr optimistisch, mir ist das durchaus bewusst.
Doch
diese Zivilisation ist nicht nur oberflächlich verkorkst, sie ist es durch und
durch! Sie verbessern zu wollen ist grad so, als wolle man einen Sumpf
tragfähig machen, indem man seine Oberfläche streicht.
Meine
Hoffnung ist alleine, dass die Natur (und wir Menschen) mehr aushalten als ich
befürchte und genug Zeit bleibt den Sumpf trockenzulegen.
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Opus 257]
Früher
dachte ich, es gäbe nur eine Wahrheit. Heute weiß ich, dass es viele Wahrheiten
gibt. Ja, selbst das einfachste Ding zeigt sich immer anders, je weiter ich
mich von ihm entferne oder in es eindringe, es unter verschiedenen
Gesichtspunkten betrachte. Die Wahrheit ist wie eine Zwiebel, in der sich unter
jeder Schale eine weitere verbirgt. Ja, selbst der Keimling in der Mitte hat
letztlich nur den Zweck einen Stängel ins Licht zu schieben und Samen zu
bilden, aus denen wieder neue Schalen erwachsen.
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Opus 258]
Geld,
sagt man, stinkt nicht. Ich hab mir einmal ausgemalt was wäre, wenn ehrlich
verdientes Geld duften würde und erlumptes Geld stinken.
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Opus 259]
Kennst
du die Geschichte von dem weisen Chinesen, der einen Mann mühevoll Wasser aus
einem tiefen Brunnen schöpfen sah und diesem von der praktischen Erfindung des
Ziehbrunnen erzählte Letzterer antwortete, er kenne diese Maschine, wolle sie
aber nicht anwenden, weil jeder, der mit einer Maschine arbeite, ein
Maschinenherz bekäme und ihm „die rechte Einfalt des Herzen“ dabei verloren
ginge.
Ich
habe diese Geschichte lange nicht verstanden, denn was soll schon daran
schlecht sein, wenn man sich die Arbeit einfacher macht Doch schau dich um: Wir
sind umgeben von praktischen Maschinen, die uns das Leben ja so erleichtern.
Sie sparen uns viel Schweiß, doch unser Körper braucht zu seinem Wohlergehen
körperliche Belastung. Die Maschinen sparen uns viel Zeit, doch was machen wir
damit Die Maschinen haben den Ertrag der Arbeit vervielfacht. Die meisten von
uns haben deshalb heute ein Arsenal von Gerätschaften. Doch wie viele von ihnen
wenden wir zu unserem wirklichen Nutzen an Wer kann behaupten, dass er wegen
einer seiner Maschinen glücklich ist
Ich
kann nur von mir sprechen und ich brauche jeden Tag ein paar Stunden
körperliche Arbeit, die ich mir auch von keiner Maschine stehlen lasse. Darum
sage ich jedem, der mir mit so einem Ding ankommt, kurz und kokettierend wie
der alte Diogenes: "Geh mir aus der Sonne!"
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Opus 260]
Wir
Menschen lassen uns so leicht betrügen! Als Augenwesen imponiert uns leicht die
Verpackung einer Sache oder einer Person. Wer es versteht seine Fassade und das
Beiwerk, mit dem er sich umgibt, dem jeweiligen
Geschmack anzupassen, kann beinahe nur noch erfolgreich sein. Wirklich schlimm
wird es aber, wenn der Blender an sein eigenes Blendwerk glaubt.
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Opus 261]
Anders
als in China gelten uns Drachen als Bedrohung. Durch drei Drachen sehe ich
unsere Welt bedroht: den land- und lebenfressenden Autoverkehr, den
Rüstungswahnsinn und unsere Beschränktheit, Anmaßung und Gier.
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Opus 264]
Im
Büro jammern, weil man bei schönem Wetter am Schreibtisch darben muss und die
freie Zeit dann vor dem Fernseher hocken, so haben wir
es am liebsten!
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Opus 265]
“So
sollt ihr leben!” Pfarrer Kneipps Ratschläge fielen bei mir auf überaus
fruchtbaren Boden. Ich befreite mich aus dem Gefängnis der Schuhe und meines
Menschenstalls so oft es nur ging und ich spürte, wie meine Gesundheit zunahm
und meine Kraft wuchs.
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Opus 267]
Wie
man in den Wald ruft, so hallt es zurück. Druck erzeugt Gegendruck. Wie du mir,
so ich dir. Wer Wind sät, wird Sturm ernten. Wer andern eine Grube gräbt...
usw.
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Opus 269]
Der
Mensch schafft sich auch außerhalb seines Kopfes Erinnerungen. Nicht nur
Notizen auf Papier, Tagebücher, Lexika, Fibeln, Archive verschiedenster Art,
Tonkonserven, Bildern. Eigentlich ist jedes künstlich geschaffene Ding auch
eine Erinnerung, ein Ding gewordener Gedanke.
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Opus 271]
Nicht
der, der mit einem Vergrößerungsglas in immer kleiner werdende Ecken starrt,
will mir imponieren, sondern derjenige, der den Abstand sucht und das Ganze
betrachtet.
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Opus 273]
Wir
sind heute Voyeure, die der realen Welt eine Schlüssellochwelt vorziehen und
wir verbringen unsere Zeit vor einer flimmernden Ersatzwelt, die
gleich fließendem Wasser ins Haus strömt. Mussten sich früher die
Menschen zum Berg bemühen, so kommt heute der Berg zu uns, wenn auch nur als
flaches Abbild.
Wir
leben also ein Leben aus zweiter Hand und vergeuden unser eigenes. Doch groß
erscheint der Gewinn. War früher das „Einwegsehen“ nur den Göttern vorbehalten,
so ist dieser Zeitvertreib heute Allgemeingut.
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Opus 274]
Immer
mehr wird von immer weniger Menschen produziert, denn die Rationalisierung und
Automatisierung wird immer schneller vorangetrieben, gefördert vom Staat mit
Subventionen und steuerlichen Abschreibungen. Das bedeutet, dass der Staat den
Unternehmer belohnt, der Menschen aus der Produktion nimmt. Er belohnt also
ihren Ersatz durch Maschinen. Doch Maschinen und Computer zahlen keine Steuern
und keine Sozialabgaben, so dass die sozialen Sicherungssysteme auf immer
weniger Schultern lasten und die menschliche Arbeit immer teuerer wird und
immer weiter durch billige Maschinen ersetzt wird. Doch dies kann nicht auf
Dauer funktionieren, dieses inhumane System muss irgendwann zusammenkrachen. Es
ist nur recht und billig, dass die Maschinen, die den Menschen seine Arbeit
genommen haben, das soziale Netz mitfinanzieren.
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Opus 275]
Immer
wieder versuchen sich Altbayern im ernsthaften Dichten und Singen in ihrer
Mundart, doch dies ist ein heilloses Unterfangen. Ich habe in der Fremde gelebt
und bin mit meinen Liedern durch die Lande gezogen, doch wo immer man jenseits
der bayerischen Grenzen den Mund auftut, haben die Leute sofort die größte
Freude, denn bayerische Kehllaute wirken bei ihnen sofort auf das Zwerchfell.
Sie können denen sagen und singen, was sie wollen - die Leute amüsieren sich
darüber köstlich. Zulange haben sich bayerische Politiker als
derb-schlitzohrige-gamsbärtige-Kasperl verkauft, mit ihnen Legionen von
Komödianten
in Lederhosen und volksdümmelnden Musikanten. Alleine die Franken hören einem
bayerischen Barden aufmerksam und ernst zu, aber seit wir sie annektiert haben,
ist ihnen das Lachen über altbayerische Laute vergangen, ich habe deswegen
immer gerne in Franken gesungen. Die Preußen dagegen, die uns kolonialisiert
haben, finden uns nur zum Lachen und wir müssen schon saugrob werden, dass sie
wenigstens mit dem Lachen aufhören.
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Opus 276]
Überall
werden neue Straßen gebaut und das Land immer mehr zerschnitten und
zergliedert. Nirgendwo auf der Welt gibt es ein ähnlich dichtes Straßennetz.
Doch jede Straße zerstört das, wo sie hinführt.
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Opus 278]
Diese
Religiosität heuchelnde Politikerbrut und die feinen Unternehmer mit den
steinernen Herzen, die für Geld jede Gemeinheit produzieren! Gibt es einen
Teufel, dann werden sie einmal in der tiefsten Hölle braten!
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Opus 279]
Wir
brauchen die Natur, doch sie braucht uns nicht. Flora und Fauna werden
aufatmen, wenn es uns einmal nicht mehr gibt.
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Opus 280]
In
Politik und Werbung wird willentlich gelogen, da werden die schrecklichsten
Dinge schöngeredet und die hoffungsvollsten verleumdet. Die wunderbare
menschliche Sprache wird so zu einem schmutzigen Werkzeug für Egoismus und
Macht.
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Opus 281]
Viele
haben schöne leere Blätter Papier und wissen nichts zu schreiben. Andere haben
den schnellsten PC und die teuersten Programme, doch wozu, sie machen damit
nichts, als sich bestenfalls in sie einzuarbeiten. Morgen gibt es neue und dann
arbeiten sie sich wieder ein, und erwerben immer neue, noch schnellere
Hardware. So ist es in vielen Bereichen und alle scheinen zufrieden damit und
niemand stellt die Sinnfrage.
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Opus 282]
Solange
ein naturnahes, einfaches Leben als armselig, mühsam und altmodisch gilt,
werden es nur wenige Menschen ausprobieren. So erfahren nur wenige, dass die
Mühsal überschätzt wird und sinnvolle körperliche Arbeit lustvoll sein kann,
dass im Gefolge nahrhafter Ernten solche der Seele und des Kopfes einzubringen
sind.
Doch
vermutlich werden sich die Leute erst wieder dem Boden zuwenden, wenn sich die
ganzen Künstlichkeiten als Seifenblasen entpuppt haben und mit ihnen das, was
sich heute so Fortschritt schimpft, also aus einer Not heraus, was alleine
schon wieder lustverhindernd wirkt.
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Opus 283]
Wenn
Psychologen recht haben, braucht der Mensch, um ein
Grundvertrauen in die Welt entwickeln zu können, zumindest in den ersten
Lebensjahren eine feste Bezugsperson, also einen verlässlichen und ihn
liebenden Menschen. Muss ein Kind diesen Menschen entbehren, können
Bindungsunfähigkeit und lebenslange Ruhelosigkeit die Folge sein. Wer sich
umschaut wird feststellen, dass die erwünschten Bedingungen für Kinder heute
schon fast die Ausnahme sind. Viele Mütter geben ihre Kinder schon früh in
fremde Hände, weil sie dazu verdienen müssen, um sich den üblichen
Lebensstandart leisten zu können. Doch auch in wohlsituierten Kreisen machen
sich die Mütter bei ihren Kindern rar und verkaufen ihre Arbeitskraft lieber
für Geld, aus Gründen der Karriere oder um sich „selbst zu verwirklichen“ (eine
den Egoismus schönredende Phrase). Bereits heute scheinen die
bindungsunfähigen, rastlosen Menschen in der Überzahl zu sein. Gibt es in einer
Generation keine anderen Menschen mehr
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Opus 285]
Stimmt
das Wort, dass es nichts Böses gibt, sondern nur Dummes Oder ist das, was wir
als Böse bezeichnen, einfach nur der angeborene Drang zur Konfliktbereitschaft,
die aus Überlebensgründen in uns verankert ist und die es uns zu üben drängt
Oder ist es nur der Versuch durch Kräftemessen der Langeweile zu entgehen, ist
also „Bösesein“ nur ein grausames Spiel Oder ist böse nur ein Etikett für
egoistisches Verhalten, das keine Rücksicht auf andere nimmt, sich aber leider
nach wie vor als erfolgreich bewährt Oder ist das Böse nur in uns, weil es böse
Verhältnisse spiegelt
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Opus 287]
Ganz
sicher! Wenn die Zeiten noch grauer werden, wird es rosarote Brillen einmal auf
Krankenschein geben.
[zu
Opus 288]
Ich
verdanke meiner Frau viel. Sie gibt mir das warme Nest, aus dem heraus ich
immer wieder „wagemutig“ in die Welt ziehe. Sie ist mir eine Art Schwerkraft,
die mich ausrichtet, so dass ich oben und unten nicht verwechsle. Sie ist die
Sonne, um dich ich rase und ohne deren Anziehungskraft ich längst irgendwo ins
Weltall abgetrieben worden wäre. Und sie ist der einzige Mensch, der meine
Witze versteht, schon alleine deswegen kann ich sie nicht entbehren.
[zu
Opus 289]
Nationale
und rassistische Überheblichkeit, Standesdünkelein, Kastenwesen,
Rücksichtslosigkeit gegenüber Alten, Kranken und Behinderten, Kinderarbeit,
dummer Hochmut unter den Geschlechtern, aber auch Elend und Not als Folge von
einseitiger Verteilung von Land und Gütern - das muss global geregelt werden.
Auch das Gewaltmonopol und der Besitz von Kriegswaffen muss
auf die UN übergehen. Die nationalen Armeen müssen zu Not- und
Katastrophenhelfern werden. Eine Illusion Es muss so werden, wollen wir nicht
wieder in der Barbarei versinken.
[zu
Opus 290]
Spät
nachts kam eine Dokumentation über das brutale Vorgehen der Flurbereinigung im
Fernsehen. Es wurden unglaubliche Beispiele aus Franken gezeigt. Nie werde ich
den weinenden alten Bauern vergessen, dem man seine Obstbäume gefällt, seinen
Weiher zugeschüttet und sein Bächlein verrohrt hat und alles gegen seinen
Willen und auf seine Kosten. Man mag das gar nicht mehr mit behördlicher
Beschränktheit abtun, das ist staatliche Willkür, das ist Gewaltherrschaft!
[zu
Opus 291]
Nun
ist eingetreten, was irgendwann passieren musste: ein atomarer Supergau
verseucht Europa! Wir schreiben den 1. Mai 1986, es ist herrliches Wetter und
die Allgäuer Wiesen sind gelb vom Löwenzahn. Wir sitzen bei geschlossenem
Fenster im Haus und die Kinder begreifen nicht, warum sie das Haus nicht
verlassen dürfen. Diese Atomschädel in den weißen Kragen! Sie verseuchen uns
die Welt, aus Gründen der Macht und des Profits! Was sollen wir zukünftig essen
Wo sollen wir leben Zum Teufel mit ihnen!
[zu
Opus 293]
Der
Mensch ist ein Herdentier, doch er hat – anders als etwa Menschenaffen - auch
die Kraft zum Einzelwesen. Zu welch großartigen Leistungen ist er im Stande!
Warum soll er nicht auch einmal selber denkend, souverän und mutig werden Ich
mag den Menschen nur einzeln, denn nur dann kann man mit ihm ernsthaft und
vernünftig reden. Wenn er anfängt sich zusammenzurotten, dann empfiehlt es
sich, als denkender Mensch, die Flucht zu ergreifen, denn nur selten versammeln
sich die Leute aus Gründen der Solidarität, um etwa Bedrohungen abzuwenden oder
Schwächeren zu helfen.
[zu
Opus 295]
Wie
die Vögel das Fliegen und die Fische das Wasser, braucht der Mensch eine
sinnvolle Beschäftigung. Und die sinnvollste ist die ihm seit jeher
angestammte, nämlich sich und die Seinen zu erhalten. Die ganze
Menschheitsgeschichte lang war er notwendigerweise ein Vielkönner, er musste
sich überall zu helfen wissen, musste sich um alles sorgen, es gibt keine
anspruchvollere und interessantere Art zu leben. Er musste die „Not wenden“ und
wurde so wendig und klug. Und wie ist es heute, in unserer extrem
arbeitsteiligen Gesellschaft Die Kinder werden zu Experten abrichtet, also zu
arbeitsteiligen Teilmenschen, aus ganzheitlicher Sicht, zu Karikaturen von
Menschen.
[zu
Opus 296]
Wenn
ich als Künstler überpointiere, dann nur um aufzuwecken. Im alltäglichen Leben
bin ich ein sehr differenzierender Mensch, der unter Übertreibungen eher
leidet. Von daher kann ich schon gut verstehen, wenn andere Feinfühlende es
lieber ein bisschen diskreter hätten.
[zu
Opus 297]
Im
Labor hab ich Ratten gesehen, wie sie bestimmte Handlungen, für die sie in der
Vergangenheit belohnt worden waren, hektisch wiederholten. In großen Abständen
gab es dann wieder ein Körnchen als Belohnung. Wenn ich manchen Zeitgenossen so
zuschaue, meine ich Ähnlichkeiten zu erkennen.
[zu
Opus 298]
Vor
dem Morgengrauen graut mir, seit ich mit 14 Jahren in der Glashütte jobbte und
um 4 Uhr aufstehen musste. Ich finde es schon recht abartig, dass sich die
Menschen oft noch im Finstern aus dem Schlaf reißen, schon die Kinder quält man
damit. An den freien Tagen übertreibt man es dann in die andere Richtung,
manche ignorieren den Tag und bleiben bis Mittag in den Federn. Die modernen
Menschen müssen anscheinend immer zwischen Extremen pendeln.
[zu
Opus 299]
Den
Abschied vom Sommer versüßen uns die leckeren Früchte und die Schönheit des
Herbstes.
[zu
Opus 300]
Wie
schön - auf die stets wiederkehrende Freude am Essen, Trinken und Schlafen ist
in jedem Fall Verlass!
[zu
Opus 302]
Weit
davon entfernt Solidarität gering zu achten, habe ich doch die größte Scheu vor
Bündnissen, Vereinen und Parteien, weil sie sich immer als Zweck gebärden,
obwohl sie nur Mittel sein sollen. Auch Gemeinschaft im kleinen
und großen ist mir nicht heilig, denn sie soll nur Mittel sein, niemals Zweck!
Gehen muss es immer um den einzelnen Menschen und Aufgabe aller Gruppen darf es
nur sein, seine Freiheiten und Rechte zu schützen! Wenn es darum geht, bin ich
auch bereit mich mit den anderen Schwachen zusammenzutun, um gemeinsam
irgendeine Willkür oder Bedrohung abzuwenden oder miteinander etwas
Konstruktives zu schaffen, was der Einzelne nicht vermag. Für diese Zwecke
reihe ich mich in die Menge, ja helfe sogar mit, sie zusammenzurufen. Ist der
Zweck erreicht, bin ich einer der ersten, der sich zurückzieht, was oft durch
die entstandene Bindung und Übung nicht leicht ist.
[zu
Opus 303]
Ich
erinnere mich noch genau an jenes Gefühl aus Mitleid und Glück, das in mir
Menschen auslösten, die ich vom Zugfenster aus ihrem Tagwerk nachgehen sah. Sie
mussten bleiben und ich durfte verreisen!
Später,
als Pendler, beneidete ich die Zurückbleibenden, die Ortsfesten, die scheinbar
zufrieden in sich Ruhenden.
Heute,
wo ich diese Letzteren durch wirkliche Zufriedenheit und Ruhe weit übertreffe,
errege ich gerade deswegen oft ihren Unmut, denn ihnen ist heute das
touristische Reisen oft alleiniger Lebenszweck, den sie durch meine
Ortbeständigkeit kritisiert sehen.
[zu
Opus 304]
Nur
moralische oder dramatische Texte langweilen schnell. Sprachlich interessante
Metaphern kann man sich schon etwas länger anhören, zumal wenn sie in kräftiger
bildhafter Sprache geformt sind und gute Musik sie durchs Ohr ins Herz
befördert. Am längsten erträgt man aber Texte, die wie Puzzleteilchen
daherkommen und durch nichts anderes zusammen gewachsen sind, als durch ihren
sprachlichen Klang oder eine heitere Laune ihres Urhebers.
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Opus 305]
Das
bayerische "Mia-sand-mia" haben die Schwarzen immer mit großem
Geschick für sich ausgenutzt, wenn es darum ging kritisches Gedankengut als
"artfremd" zu bekämpfen. Sie haben es geschafft Eigenschaften wie
Schlitzohrigkeit, Derbheit, Matchotum, Scheinheiligkeit, Unmäßigkeit und
Rücksichtslosigkeit zu Synonymen für "bayerisch" zu machen und
zerstörten - verkleidet in Lodenjanker und Gamsbart - die bescheidene,
naturverbundene bayerische Lebensart und das bayerische Land.
[zu
Opus 306]
In
mir spiegeln sich die anderen, in den anderen spiegeln
sich ebenfalls die anderen, aber auch ich.
[zu
Opus 308]
Die
Kellnerinnen haben etwas, was die Ehefrauen nicht haben. Der Wirtshaustisch hat
etwas, was der Wohnzimmertisch nicht hat. Was macht einen harten Wirtshausstuhl
so anziehend, was verleidet einem ein warmes Ehebett Stoff genug für zehn
Doktorarbeiten.
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Opus 309]
Ich
habe niemals getrunken um einen Rausch zu bekommen. Tagsüber habe ich praktisch
nie Alkohol angerührt, ja gar nicht an ihn gedacht. Und doch - es gab nicht
viele Abende, an denen ich mir kein Bier eingeschenkt hätte, oder ein Glas
trockenen Weißwein oder selbstgekelterten Apfelmost.
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Opus 311]
Ich
liebe die Tiere und niemals habe ich selber eines geschlachtet, um sein Fleisch
zu essen oder sein Fell zu gerben. Doch trage ich Lederschuhe, einen
Ledergürtel, schlafe auf einem Schaffell und auch der Schinken auf der Pizza
ist mir nicht unangenehm. Ich überlasse, wie die meisten von uns, das Geschäft
des Tötens anderen. Dass dies alles recht inkonsequent ist, erkenne ich in
meinen empfindsamen Stunden und leide auch unter heftigen Gewissensbissen, etwa
wenn ich daran denke, dass unsere Zivilisation die Tiere noch immer als Sachen
wertet und nicht als fühlende Geschöpfe. Man nimmt es hin, dass schon den
kleinen Kälbern riesige Marken in die Ohren gezwickt und ihnen die Hörner
ausgeätzt werden, dass sie nie am Euter ihrer Mutter säugen dürfen und.. und...
Oder was man Schweinen, Hühnern und Puten antut - es ist einfach grauenhaft!
Ein Abgrund tut sich auf, wenn man auch nur ein wenig hinter die Kulissen der
sogenannten Nutztierhaltung schaut. Wenig anderes kennzeichnet uns mehr als
herzlose Primitive. Tolstoj hat gesagt, es gäbe solange Schlachtfelder, solange
es Schlachthöfe gibt.
[zu
Opus 312]
Niemals
habe ich die Morgenzeitung gelesen, ohne dass ich nicht wenigstens einen
Kommentar hätte schreiben mögen. Und oft genug habe ich auch einen geschrieben,
abgeschickt aber nur höchstens jeden Zehnten.
[zu
Opus 313]
Richtiges Jahrhundert
Manchmal
denke ich, in ein falsches Jahrhundert geboren worden zu sein. Doch dann denke
ich weiter und weiß, dass jede Zeit die richtige ist und es nur darauf ankommt,
wie man sich in ihr einrichtet.
[zu
Opus 314]
Mehr,
als dass man sich wohlfühlt, kann man nicht erreichen. Einmal schafft man dies
alleine durch die Erfüllung der grundlegenden Bedürfnisse, ein anderes Mal
durch eine sinnvolle Arbeit, eine angenehme Begegnung, ein erfüllendes Spiel.
Aber zwei Zauberer können auch die unangenehmsten Dinge mit Lust füllen:
Heiterkeit und Liebe!
[zu
Opus 315]
Es
ist unser ständiges Habenwollen, das schuld ist am gegenwärtigen traurigen
Zustand der Welt. Unsere Art hat nur eine Chance zu überleben, wenn es uns
gelingt zu begreifen, dass Liebe, Heiterkeit, Phantasie, Ruhe, Frieden, usw.,
materielle Güter an Wert weit übertreffen. Das heißt nicht, dass wir nur von
Luft und Liebe leben müssten. Es heißt aber das sein zu lassen, was uns schadet
und die Natur zerstört.
[zu
Opus 316]
In
meinen zwanziger Jahren glaubte ich alles zu wissen und hatte auf beinah jede
Frage eine Antwort parat. Die folgenden zwanzig Lebensjahre haben meine
früheren Gewissheiten ziemlich ramponiert, manche sind sogar nur noch ein
Trümmerhaufen. Ich habe mir abgewöhnt über das Unvermeidliche zu lamentieren.
Ob ich mir auch noch abgewöhne über das Vermeidliche zu schimpfen, wird sich zeigen.
[zu
Opus 318]
Die
Einsicht, dass man manche Dinge nicht erarbeiten und erreden kann, fiel mir
schwer, denn mein Vertrauen in die Gestaltbarkeit der Welt und die
Entwicklungsfähigkeit der Menschen war grenzenlos. Es gab für mich kein Böses,
sondern nur Defizite an Erkenntnis.
[zu
Opus 319]
Epikur
unterschied dreierlei Bedürfnisse: die existenziellen, die leicht zu erfüllen
sind, dann weitere natürliche, die aber nicht lebensnotwendig sind, und
schließlich alle künstlich geschaffenen, die zahllos sind und deren Erfüllung
somit unmöglich ist. Diese letzteren sind es, wegen denen sich der Mensch
versklavt, selber als Ware verkauft und nebenher die Erde zerstört.
[zu
Opus 320]
Ein
Weg, als richtig erkannt, deshalb befestigt und mit Leitplanken begrenzt, ist
für den, der ihn benötigt eine gute Sache. Ein Albtraum dagegen ist es, wenn
schließlich die ganze Welt befestigt ist und der Weg zu einem Platz wird!
[zu
Opus321]
"Jetzt
ist er auch ruhiger geworden!", höre ich die Spießer sagen und sehe, wie
sie sich zuzwinkern. Heute fange ich an ihnen zu gefallen, weil ich anscheinend
ihre Werte endlich als gut erkannt habe. Sie haben es schon immer gewusst und -
hinterm warmen Ofen sitzend - meine Gärungsprozesse und meine Odysseen
belächelt. Doch das eine ist nicht gleich dem anderen und meine Ruhe ist nicht
ihre. Wir unterscheiden uns, wie sich ein abgekochter Apfelsaft und ein
vergorenen Apfelwein unterscheiden.
[zu
Opus 323]
Immer
wieder gab es Momente, wo ich bezweifelte, dass der Aufwand, den die Rolle als
Partner, Ehemann und Vater mit sich bringen, in einem vernünftigen Verhältnis
zum "Ertrag" stehen. Die Entscheidung dafür
trifft man als junger verliebter Spund, zu einer Zeit also, in der man noch
keinen Gedanken an die daraus erwachsende Aufgabe verschwendet. Wahrscheinlich
ist es gut so, denn wäre es anders, stürbe die Menschheit vermutlich aus. Und
doch: wenn ich mir mein Leben ohne meine Kinder und Enkelkinder vorstelle, was
bliebe da an wirklichem Wert Meine Kleckserein, meine Gsangl und mein
Geschreibsel und die größere persönliche Freiheit Es fröstelt mich, wenn ich
nur daran denke. So ist es gut, dass ich bei Freiheit selten nach dem
"Von-was", sondern meist nach dem "Für-was" gefragt habe,
weil ich mir selber nicht die Sonne sein konnte, um die ich kreiste. So sind
zweifellos der größte Ertrag meines Lebens meine Nachfahren, was für schöne
Stunden habe ich mit ihnen schon erlebt!
[zu
Opus 325]
Da
wir nur für einen kleinen Teil unserer Eindrücke Worte besitzen, ist es nicht
mehr als rührendes Bemühen, dumpf Gefühltes in verständlichen Zungenschlag
umzuwandeln, noch schwerer in einen flächigen Farbauftrag oder in ein
Wechselspiel von Tonfrequenzen, hervorgerufen etwa von schwingenden Drähten.
[zu
Opus 326]
Auch
wenn es stimmen sollte, dass man immer so alt ist wie man sich fühlt, so
trennen einen doch die gemachten Erfahrungen von den Jüngeren. Irgendwann
langweilt einen das Geschnatter seiner Umgebung, ja, kann gar nicht mehr
nachvollziehen, dass es einmal das eigene gewesen sein könnte.
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Opus 327]
Für
beinah alles wird eine Qualifikation verlangt, nur Vater und Mutter darf jeder
werden, ohne auch nur die geringste Ahnung von Kindern zu haben und dem was sie
brauchen. Klar, bei den Tieren ist es auch so, nur können diese auf Grund ihres
Instinktes nichts falsch machen. Früher, als Kinder im festgefügten
Sippenverband aufwuchsen, mit klaren Regeln und nah natürlicher Abläufe, konnte
ebenfalls nicht viel schief gehen. Selbst wenn die Eltern nichts taugten,
irgendwo gab es beinah immer einen Erwachsenen, an dem man sich ausrichten
konnte.
Heute
werden Kinder in eine künstliche Welt geboren, die sozial und wirtschaftlich
ungeheuer wackelig und zerbrechlich ist. Die Normen und Werte werden von den
Medien vermittelt und das meiste davon ist Dreck. Und da Kinder Orientierung
suchen und erfolgreiche Vorbilder nachahmen, kann einem Angst
werden bei den Angeboten. Dazu ertrinken die Kinder in einer Flut von Reizen
aller Art, werden so abstumpft, verdummt und verroht. Nebenher läuft die
Ochsentour durch die Schule, was vor allem Stillsitzen, Leistungsdruck, fremdbestimmter
Lernstoff, Anpassung und Schablonendenken bedeutet. Und das Allerschlimmste ist
der chronische Mangel an Nestwärme und Halt.
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Opus 328]
Sie
wollen nicht wie die Tiere leben, sie wollen nicht nur essen, trinken, schlafen
und sich fortpflanzen. Nein, sie bauen Maschinen, leben mit und für Maschinen.
Ursprünglich sollten die Maschinen nur Mittel sein, nicht Zweck, ja Götze.
Heute sind die Menschen den Maschinen oft genug nur noch Anhängsel.
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Opus 329]
Wann
willst du es endlich begreifen! Du versäumst nichts, wenn du schläfst! Du
versäumst auch nichts, wenn du in der Hängematte schaukelst! Dieser Appell ist
an mich selber gerichtet (ich duze mich), denn ich bin einer der Schlimmsten
dieser rastlos Tätigen.
[zu
Opus 330]
Ich
weiß es ja nicht, wie lange ich Urlaub wirklich aushalten würde, denn ich
konnte es leider noch nie testen. Bislang habe ich zudem im Urlaub immer
gearbeitet und die Dinge, von denen das Lied erzählt immer nur kurz
ausprobiert. Wo ist die Fee, die mir den Versuch ermöglicht
[zu
Opus 331]
Ich
stelle mir die Hölle von jenen Toren bevölkert vor, die heute mit ihrer
Lebensweise die Erde zerstören. Bei diesem Klientel
kommt Mitleid mit dem armen Teufel auf. Hört sein Klagelied: ---
[zu
Opus 335]
Meine
Stärke Ich mache gerne den ersten Schritt, den zweiten, dritten usf. Das Ziel
ist natürlich schon auch wichtig, aber nur um die Richtung nicht zu verlieren
und vielleicht auch zur Rechtfertigung der Mühen des Weges. Und allein auf
diesen kommt es an. Ich bin also einer, der gerne "unterwegs" ist,
der also beständig an einer sinnvollen Sache arbeiten kann und daraus Lust und
Kraft zu schöpfen versteht.
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Opus 336]
Wie
räumt man in seinem Kopf auf Nur, in dem man sein äußeres Tun verändert und auf
eine heilsame Wirkung nach innen hofft. Ich begann mich mit großem Eifer mit
der Imkerei zu befassen, sagte alle Auftritte ab, suchte und fand endlich
wieder den Weg zur schöngeistigen Literatur. Dann rasierte ich mir den Vollbart
ab, der mir ein Symbol meiner früheren inneren Haltung zu sein schien und
freute mich darüber, dass das Gesicht, das auftauchte, mir unbekannt vorkam. So
mahnte mich der morgendliche Blick in den Spiegel an mein Vorhaben, die zweite
Hälfte meines Lebens anders anzugehen. Und ich begann in allem
Bilanz zu machen.
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Opus 340]
Wenn
ich meine Großmutter nach dem Zeitpunkt für das Eintreffen des Unmöglichen
fragte, bekam ich immer nur eine Antwort: "Wenn das neue Jahr in den
Sommer fällt!". Nun, unlängst konnten wir an einem milden Silvestertag auf
der Hausbank Kaffee trinken, Mitte Dezember habe ich schon einen Grashüpfer
gesehen und im Januar konnten wir bei einer Bergwanderung schon die nackten
Füße in die warme Sonne strecken. Mir scheint, der Tag an dem Sommer und neues
Jahr zusammenfallen ist nicht mehr fern.
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Opus 343]
In
seiner "Antiqiertheit des Menschen" schrieb Günther Anders sinngemäß,
dass Schmutz oft nicht als Schmutz begriffen wird, weil seine tausend
Einzelteile, für sich betrachtet, als sauber erscheinen. Auch die
arbeitsteilige Aufgliederung einer bösen Sache in lauter Einzelbereiche
verhindere das Begreifen ihres wahren Charakters. Soweit ich mich erinnere
machte Anders dies am Beispiel der Atombombe deutlich, deren Existenz auf
unzähligen Vorarbeiten fußt, von denen der weitaus überwiegende Teil in
überhaupt keinen Zusammenhang mit dem Massenmord in Hiroshima gebracht werden
kann. Doch hätte der Arbeiter, der dafür Schrauben oder Lötungen herstellte,
oder gar der, der die Drehbank baute, an der Teile der Bombe letztlich gefräst
wurden, der Einzelteile des Flugzeuges herstellte oder montierte, der den Schotter
für die Rollbahn brach, der die Nahrung für den Bomberpiloten anbaute, oder die
Hebamme, die ihn oder einen der entscheidenden Industrieellen oder Politiker
zur Welt brachte usw. gewusst, was ihr Zutun für entsetzliche Folgen haben
würde, wären dann diese Vorarbeiten gemacht worden
Als
ich das folgende Lied schrieb, glaubte ich es nicht. Heute dagegen bin ich mir
sicher, dass auch ein Bewusstsein der möglichen Folgen nur wenig verhindern
würde. Die Menschen sind unfähig für gegenwärtiges Tun Verantwortung zu tragen,
wie sollen sie fähig sein dies für mögliche schädliche Wirkungen in ferner
Zukunft zu tun, wenn sie bei Verweigerung gegenwärtige Not drücken würde Auch
fänden sich immer hundert schlüssige Argumente alles zu rechtfertigen.
[zu
Opus 345]
Wie
hässlich sind unsere modernen Städte! Wie unwirtlich, wie kalt! Sind sie so,
weil sie von Menschen gebaut und belebt werden, die ebenso sind, oder sind
diese so, weil sich in ihnen ihre kalte Umgebung spiegelt
[zu
Opus 348]
Sich
nicht mehr zu erregen, bei all dem Wahnsinn überall, wer das kann, der muss
innerlich tot sein.
[zu
Opus 349]
Schimpf
nicht über die Nacht, nicht über den Schmerz, den Regen, die Dummheit! Denn wer
könnte ohne sie den Tag lieben, die Gesundheit, die Sonne und die Weisheit
[zu
Opus 350]
Das
Büchlein vom Apotheker Coe über die Wirksamkeit von Autosuggestion, hat mich
sehr beeindruckt. Obwohl mir seine Ausführungen über die Macht des Unbewussten
und seine Beeinflussung durch Formeln wie "Es geht mir jeden Tag in jeder
Hinsicht immer besser und besser!", vollständig einleuchteten und ich die
Macht fremder Suggestion hundertmal erlebte - ein Wort kann einen glücklich und
stark, ein anderes krank machen oder niederschmettern wie eine Keule! - hab ich
es doch nie mehr als ein paar Tage durchgehalten, mir durch Herunterbeten von
Formeln etwas Gutes zu tun.
Mit
einem Lied versuchte ich das zu ändern. Doch nur wenige Lieder habe ich
seltener gesungen.
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Opus 352]
Als
Maler habe ich - was mir erst hinterher bewusst wurde - die Geschichte der
menschlichen Schrift nachvollzogen. Erst malte ich gegenständlich und hielt mir
viel auf meine Fertigkeit zu gute. Dann abstrahierte ich nach und nach, bis
meine Bilder zu einer Art Hieroglyphen wurden. Schließlich blieben nur noch
Symbole, wenn man so will, eine Art Schriftzeichen. Dann begann ich
"Textbilder" zu malen, den was war
abstrakter als ein Wort Ich malte Worte auf die Leinwand und wurde vom Maler
zum Schreibenden.
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Opus 375]
Die
Mauer fiel und die Bürger der alten DDR vergaßen alle sozialistischen Werte,
die offenbar niemals die ihren gewesen waren und verfielen geradezu in einen
Konsumrausch. Ich versuchte mich in sie hineinzudenken und mir ihr böses
Erwachen auszumalen.
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Opus 376]
Ich
wollte meinen Kindern alles vermitteln, was ich selber erworben und für gut und
brauchbar gefunden hatte. An meine schlechten Seiten dachte ich nicht. Als ich
sie schließlich an meinen Kindern entdeckte, traf mich das wie ein Schlag.
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Opus 377]
Wir
Menschen sind offenbar dazu verdammt, alle Fehler immer wieder neu machen zu
müssen. Wir lernen durch eigenen Versuch und eigenen Irrtum, die Irrtümer
unserer Vorfahren sind uns entweder unbekannt oder wir ignorieren sie, denn wir
bestehen auf unserem „Recht auf eigene Dummheiten“, wir wollen uns die Finger
am Ofen selber verbrennen! Das sich Eltern und
Großeltern schon bei dieser Gelegenheit verbrannt haben, interessiert uns
nicht! Und weil es so ist, habe ich auch wenig Hoffnung auf positive
Entwicklungen in der Welt.
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Opus 378]
Es
leben heute Menschen aller Entwicklungsstufen, nicht nur weltweit gesehen, auch
in einem Land, in einer Stadt, ja oft sogar in einer Familie. Im Laufe seiner
Entwicklung durchläuft auch der Mensch diese Stufen, fällt, kaum dass er eine
Stufe überwunden hat, wieder zurück und so geht es wie auf einer Treppe
lebenslang hin und her. Selten nur schafft man es auf die oberen Stufen zu
gelangen, noch seltener dort eine Weile zu verharren, wenn, dann ist der
Rückschritt oft umso tiefer. Der nächste Aufstieg, wenn es zu einem solchen
kommt, dafür manchmal wieder umso höher. Wer durch seine Straße geht und mit
den Menschen redet, macht eine Reise durch die Entwicklungsgeschichte, was kann
spannender sein
[zu
Opus 379]
Es
gab eine Zeit, da meinte ich, es käme bei Liedern auch auf die Zahl der
Strophen an und auf die inhaltliche Tiefe. Heute will ich von Liedern Spaß,
Hörerlebnis, Rhythmus, Meditation, vielleicht beim instrumentellen
Improvisieren ein Stück Ekstase, weniger Lehre. Die "Botschaft des
Kopfes", einst mein zentrales Anliegen, fehlt immer öfter sogar gänzlich,
was ja gewissermaßen auch eine Botschaft ist. Und da steht plötzlich ein Jodler
gleichberechtigt neben der Ballade, ein Singsang über eine Nichtigkeit neben
einem Chanson, ein gereimter Ohrwurm „auf gleicher Augenhöhe“ mit einem
garstigen politischen Lied.
[zu
Opus 380]
Diese
Zivilisation ist ein Sumpf! Überall schöne Oberfläche, die nicht trägt! Doch
wer mittendrin aufwächst, kennt es nicht anders, ist schließlich Teil davon.
Man bewegt sich halb schwimmend und mit gestreckten Zehen vor sich hin suchend
vorwärts und gelegentlich stößt man tatsächlich auf harten Grund, stützt sich
erleichtert ab darauf und - nachdem man sich ein wenig ausgeruht hat – reckt
man den Kopf in den Himmel und - erspäht in der Ferne ein paar Vögel, die
vielleicht festes Land anzeigen.
[zu
Opus 381]
Ein
Reim macht noch kein Lied. Gelegentlich ist er aber wie ein Magnet, dem die
Worte zufallen, man braucht sie dann nur noch notieren.
[zu
Opus 383]
Die
Möglichkeit zum Brennen trägt jeder in sich, entzünden kann einer allein sich
aber nicht. Dazu braucht es immer die anderen.
[zu
Opus 384]
"Der
Mensch ist ein Wesen das Krach macht und seinen Hund bellen lässt. " An diesen Satz von Tucholsky kann ich nur anmerken:
und wenn’s der innere Schweinehund ist! Nietzsche hat recht mit seinen wenig
schmeichlerischen Aphorismen über die Menschen, Schopenhauer ebenfalls. Und
mein Wort sollte was gelten in dieser Hinsicht, denn ich hatte beruflich mit
allen Sorten von Menschen zu tun. Sie sind einfach nichts, auf das man bauen
könnte. Doch wenn man das einmal kapiert hat und sie nimmt wie sie sind, dann
muss man sie einfach mögen, wenn auch nicht immer und nicht immer alle...
[zu
Opus 385]
Die
Woche, in der meine Frau im Krankenhaus lag, war alles kalt um mich. Als sie
heimkam machte ein Zauber alles wieder warm.
[zu
Opus 386]
Tanz
war mir immer Mittel zum Zweck, ein erlaubtes, geregeltes Spiel sich näher zu
kommen, sich zu berühren. Die Bewegung war dabei erst einmal der neutrale Reiz,
der bald die Qualitäten des Wertreizes "Berührung" übernahm, grad wie
die Glocke bei Pawlows Hunden.
Heute
kenne ich die Lust an der rhythmischen Bewegung auch als etwas Primäres.
[zu
Opus 387]
Menschen
bewegen sich gerne hordenweise auf breiten Wegen, wenige schreiten lieber
alleine frei durch das Gelände.
[zu
Opus 388]
Man
kann über eine Wahrheit hundert Abhandlungen schreiben, sie aber gerade so in
einer Metapher oder einer Sentenz ausdrücken. Besonders gut prägen sich solche
ein, die sich reimen, die man singen kann. Doch Vorsicht! Nicht alle
geheimnisvoll klingenden Sprüche, die sich reimen und
die man singen kann, sind auch wahr!
[zu
Opus 389]
Ich
lebte in goldenen Ketten, wohlsituiert aber unglücklich.
Und
doch waren es Ketten, die ich selber sprengen konnte, wenn ich es nur wollte.
Dies wissend, zögerte ich doch viele Jahre aus wirtschaftlicher Sorge,
Verantwortlichkeit gegenüber der Familie, Bequemlichkeit, Sachzwängen
tausenderlei Art. Nie habe ich ein Lied mehr an mich selber geschrieben!
[zu
Opus 391]
Grausam,
wenn einem die dümmsten Nazisprüche aus dem Munde von Angehörigen jener
Generation entgegenschallen, in die man selber einmal viel Hoffnung gesetzt
hatte. Parolen, die man in der eigenen Jugend von unverbesserlichen Altnazis
bis zum Übermaß gehört hat. Wie sehr hatte ich gehofft, dass dieser Spuk
aufhören würde, wenn die letzten Geier jener Generation einmal unter der Erde
lägen! Und nun hat diese braune Krankheit die Generation der Enkel befallen... !
[zu
Opus 392]
Habgier
und Neid braucht keiner zu predigen, die wachsen von alleine, solange der
Nährboden da ist.
[zu
Opus 393]
Die Katze als Arznei
Meine
Katze gibt mir die Gewissheit, dass es irgendwo ein Lebewesen gibt, welches tut
was es will, welches ruhigen Gewissen tagsüber schläft, sich höchstens mit
Entscheidungen abmüht, ob man Gähnen oder besser sich Kratzen soll, um
schließlich die Augen zu schließen, sicher fühlend, dass man dabei nichts
versäumt.
Wenn
ich sie, wohlig schnurrend, im Arm halte und mein Kinn an ihrer Stirn reibe,
wärmt sie mir den Busen mehr, als es ein Arzt mit einer Medizin je könnte.
[zu
Opus 394]
Wann
hört dies endlich auf, dass sich Mittel zum Zweck aufspielen Beispiel: Der
Staat ist nicht der Zweck und ebenso wenig sind es seine hochmütigen Beschäftigten!
Die Aufgabe des demokratischen Staates ist die Organisation und der Schutz
seiner Bürger und die Sorge um wirtschaftliche und soziale Infrastruktur!
So
ist der Staatsapparat seinem Wesen nach nur ein Hilfsinstrument, ein Werkzeug,
ein Diener der Menschen eines Landes! Doch das ist nur ein frommer Traum, denn
der Staat hat sich verselbständigt, er ist zum Zweck geworden. Und auch die
Politiker können ihn nicht wirklich steuern, es geht ihnen nicht anders als dem
Zauberlehrling, der den Zauberbesen wohl in Betrieb setzen, aber nicht stoppen
konnte.
[zu
Opus 396]
Schlimme
Verhältnisse bringen gewöhnlich schlimme Menschen hervor. Doch manchmal
entwachsen ihnen so gute Menschen, wie sie gute Verhältnisse kaum
hervorbringen. Ich habe dafür keine Erklärung, doch es ist wunderbar.
[zu
Opus 397]
Nichts
erleichtert so, wie die Trennung von belastenden Dingen. Dennoch behauptet die
Werbung stets aufs neue, dass der Erwerb dieser und
jener Ware "frei" machen soll. Doch wie kann die Abhängigkeit von
einer Sache frei machen
[zu
Opus 399]
Eine
kleine Verliebtheit würzt den Alltag. Doch gibt es kein gefährlicheres Gewürz,
weil Verliebtheit so schwer zu dosieren ist. Gerade noch wirkt sie belebend und
motivierend und schon eine Prise mehr kann Partnerschaften und Familien
zerstören.
[zu
Opus 401]
Sollten
an den Leitungspositionen nicht die Bescheidenen sitzen Die Geduldigen, die
Stillen, Individuellen, die Nachdenklichen Doch um nach oben zu kommen sind
andere Qualitäten nötig: Sitzfleisch, Ellenbogen, Ehrgeiz, Rollenspiel. Und man
braucht gewöhnlich eine Vereinigung hinter sich, die sich für ihre
Unterstützung auch etwas erhofft. Und man muss die Worte setzen können, reden,
was die Leute gerne hören: Schmeicheleien, Herabsetzen anderer, Versprechungen.
So versammelt sich "oben" – von seltenen Ausnahmen abgesehen - eine
bestimmte Auslese von Menschen, egal ob in Schulen, Kliniken, Rathäusern,
Vereinen, Parlamenten. Und oben strahlt nach unten aus.
[zu
Opus 402]
Von
Menschen verlangen, dass sie sich in ihrer Liebe und ihrem Verlangen auf ein
einziges Wesen beschränken, dies lebenslang, ist schon eine arge Zumutung gegen
die Natur. Und doch, nur ein wenig von dir reicht mir nicht!
[zu
Opus 403]
Erst
kümmern uns alleine die eigenen Interessen, später erkennen wir auch jene der
nächsten Umgebung. Wir werden sozial, also erwachsen. Die Fürsorge der meisten
Menschen erschöpft sich aber auf seine Familie. Nur wenige schaffen es darüber
hinaus für fremde Artgenossen oder gar auf Flora und Fauna auszudehnen.
[zu
Opus 404]
Mit
den Vögeln im Herbst in mildere Landstriche ziehen, wer möchte das nicht.
Vermutlich zeigen sich hier unsere nomadischen Wurzeln.
[zu
Opus 405]
Niemals
war es die Lust an Händel, die mich antrieb mich einzumischen und Partei zu
ergreifen. Immer wollte ich lieber meine Ruhe haben, mich um meine Lieben
kümmern, das Leben genießen. Doch weil ich meine Lieben und das Leben bedroht
sah, schärfte ich meine Feder und begann mit Worten zu hauen und zu stechen.
Und dann quälten mich die angerichteten Wunden mehr, als diejenigen, denen ich
sie zufügte. Alleine die Erinnerung an die gezeigte Courage ist heute lustvoll.
[zu
Opus 406]
Nein,
ein feiner Herr wollte ich nie werden, da schon eher ein Seeräuber, ein
Beschützer der Armen, ein Clown oder ein den Dunst vertreibender Aufklärer. Nun
- ein feiner Herr bin ich wohl auch nicht geworden, ein fein fühlender Mensch
aber doch wohl schon.
[zu
Opus 407]
Auch
wenn ich am liebsten jene Bücher lesen würde, die nie geschrieben oder gedruckt
worden sind, von jenen Menschen, die ihre Gedanken nicht als Ware auf dem Markt
verkaufen wollten oder deren Gedanken auf dem Markt keinem Verleger Gewinn
versprachen, so sind mir doch auch viele der vorhandenen Bücher unendlich lieb.
Die Welt zwischen den Buchdeckeln schätze ich beinahe so wie die wirkliche
Welt.
[zu
Opus 408]
Die
Überheblichkeit, mit der jede Jugend auf das Alte schaut und meint, dass nur
sie das Schießpulver erfinden könne, sollte niemand verspotten. Es ist gut,
wenn jede Generation das Überkommene kritisch abklopft und am eigenen Erleben
und den eigenen Bedürfnissen misst, denn viel zu schnell setzt die Gewöhnung
ein, weshalb unsinnige Strukturen doch immer weiter am Leben bleiben.
Früh
genug kommt dem Denkenden die Zeit, in der er erkennt, dass auch das originellste eigene Neue oft schon vor Jahrtausenden
gedacht worden ist. Dies enttäuscht oft so, das man sich gar keinen eigenen
Gedanken mehr zu formulieren getraut.
[zu
Opus 409]
Nur
ein Spielmann sein, reichte mir nicht. Ich wollte ein Licht sein, das Wärme
spendet und in dunkler Nacht leuchtet. Doch die Leute sagen: "Was will der
mit seiner Wärme, uns ist nicht kalt!" Und: "Was will der mit seiner
Funzel am hellen Tag"
[zu
Opus 416]
Steine,
vom Wasser geformt, vom Weichen in Bewegung, vom mächtigen Eisberg geschliffen
oder von den Regentropfen, die sich, in eine Fuge geschwemmt, bei Frost
zerstörerisch ausdehnten, betrachte ich gern. Ich liebe verwitterte
Steinoberflächen, erfreue mich an Flechten und Moosen darauf und schätze alle
Spuren, die von ihrem Dasein erzählen. Manche trage ich zusammen, ordne sie
nach meinem Sinn zu nützlichem Werk oder lege sie einfach dorthin, wo ich ihnen
oft begegne.
[zu
Opus 417]
Auch
ich dachte einmal Hühner seien dumm, gewöhnlich und nur gut zum Eierlegen.
Heute bin ich klüger und ich sage jedem: Hühner sind wunderbare Tiere!
[zu
Opus 421]
Das
einzig Beständige auf dieser buckligen Welt ist der ständige Wechsel. Es ist so
und man richtet sich möglichst beizeiten darauf ein.
[zu
Opus 422]
A
priori nennt die Philosophie das, was von Anfang an da ist. Alles was dazu
kommt, also posteriori, ist überwiegend Menschenwerk, das man leicht satt
bekommt. Auf die Freude an den primären Dingen dagegen kann man lebenslang
bauen.
[zu
Opus 423]
Mag
sein, dass es in manchen Fällen auch gut ist, wenn man gelegentlich über einen
Dritten miteinander verkehrt, wenn dieser ein Menschenfreund ist, der scharfen
Worten ihre verletzende Spitze nimmt. Meist ist dieser Dritte aber ein Filter
und ein Lautsprecher mit eigenen Interessen, der Aussagen aussiebt und jene
verstärkt weitergibt, die ihm nutzen. Ich habe selber erlebt, wie freundlich
gemeinte Anweisungen schon aus dem zweiten Mund wie Kriegserklärungen klangen.
Darum sollte man besser das persönliche Gespräch suchen, auch wenn es manchmal
weh tut. Doch nach meinen Erfahrungen spart man sich nicht nur keinen Schmerz,
wenn man eine Auseinandersetzung über einen Dritten führt, manches Feuer würde
gar keinen Schaden anrichten, hätte man es nicht erst im Stillen genährt und
ausgebreitet.
[zu
Opus 426]
Kein
Mensch weiß, wie ich leide, muss ich einer bieder-gekünstelten Reimerei
zuhören, etwa wenn ein braver Akademiker dem Volk meinte aufs Maul schauen zu
müssen und dies in Versform bei vorweihnachtlichen Gemütlichkeiten dann
übertrieben theatralisch vorträgt. Erschreckt frage
ich mich dann, ob ich derartiges vielleicht auch schon verbrochen habe,
blättere zu Hause dann ängstlich meine Aufzeichnungen durch und atme
erleichtert auf, wenn ich nichts dergleichen finde. Vor lauter Freude schreibe
ich dann gleich ein besonders blödsinniges Lied und zahne dabei wie ein
Holzfuchs.
[zu
Opus 428]
Angefangen
bei den gigantischen Staatsschulden bis zu denen der Wirtschaft und der übrigen
Gesellschaft - vieles Imponierende ist wie Schaum. Hinter einer attraktiven
geblähten Oberfläche verbirgt sich nur warme Luft. Dieses Prinzip gilt oft auch
im Warenhandel. Nicht auf das Nützliche und Gediegene greifen die Kunden,
sondern auf das oberflächlich Aufgemotzte, das einem die Werbung als
vorteilhaft suggeriert. Es ist so in der Politik und nicht anders im Alltag der
Menschen. Aufgeblasene Blender haben Hochkonjunktur. Doch wird das beim
Augenwesen Mensch wohl schon immer so gewesen sein. Wenn gelegentlich irgend ein Schaum in sich zusammenfällt, regt sich zwar oft
Einsicht, doch neuer Schaum an anderer Stelle lenkt schnell ab.
[zu
Opus 429]
Unglaublich,
wie synchron manches alte Ehepaar die Köpfe wendet!
[zu
Opus 430]
Brecht
sagte, erst käme das Fressen und dann die Kultur. Aus
diesem Wort meinte ich immer Geringschätzung des Essens zu spüren. Ich sage,
alle kulturellen Bemühungen münden irgendwann im Essen. Manche meinen, man esse
um zu leben. Doch wir leben auch um zu essen, das habe ich von meinen Tieren
gelernt. Darum, lieber Brecht: Das Essen ist der Zweck, Kultur das Mittel.
Und
wo bleibt die höhere Bestimmung des Menschen Es gibt sie nur, wenn man sie sich
einredet.
[zu
Opus 431]
Es
gibt kluge Köpfe, die zweifeln an der Belehrbarkeit des Menschen. Andere
leugnen jede Festlegung und glauben an die totale Bildsamkeit. Ich habe schon
zu beiden Gruppen gehört, heute bewege ich mich zwischen ihnen.
[zu
Opus 435]
"Brot
und Spiele" hieß bekanntlich schon bei den Römern das bewährte Rezept das
Volk zu beruhigen. Dieses leuchtet auch sofort ein, denn Hunger färbt einem die
Welt grau. Den Part des römischen Zirkus hat der Sport übernommen, noch mehr
aber das Fernsehen, dass den Menschen das zweitgrößte
Übel, die Langeweile nimmt.
[zu
Opus 436]
Diese
Welt ist voller schädlicher und verrückter Suggestionen. Überall dudelt es,
überall springt es einen an. Die Wirtschaft lebt davon, dass wir immer noch
irgendein käufliches Ding für unser Glück zu brauchen meinen, ja sie redet uns
sogar Krankheiten ein, damit sie ihre vielen bunten Dragees verkaufen kann.
Doch
lasst euch nicht verrückt machen, flüchtet vor diesen akustischen und visuellen
Viren und schenkt euerem Kopf freundliche Gedanken!
[zu
Opus 441]
Heuer
lass ich mich einschneien und setzte vor März keinen Fuß mehr vor die Tür und
ich ernähre mich von Vanillekipfel und Kletzenbrot!
[zu
Opus 442]
Auch
wenn - wie der Prediger Salomon schon feststellte - alles eitel ist und nur ein
Haschen nach dem Wind - so will ich das doch so gut machen, wie ich es eben
vermag.
[zu
Opus 444]
Als
einer, der regelmäßig etwas schwarz auf weiß von sich gibt, habe ich vor
Geschriebenen wenig Respekt. So bin ich auch ein Zeitungsleser, wie ihn sich
Redakteure eigentlich wünschen sollten, aber meist nicht wünschen, denn ich
lese genau und finde schlampige Recherchen zuhauf und lasse es auch manchmal
nicht gut sein. Aber ließe man den Zeitungen Falschmeldungen durchgehen,
welchen Wert hätten sie dann
[zu
Opus 445]
Ausreichende
Versorgtheit für alle, das muss zu machen sein. Mehr zu fordern, etwa Reichtum
für alle, ist nicht möglich, denn Reichtum gibt es nicht ohne Armut.
[zu
Opus 447]
Ich
ärgere mich darüber, wenn jemand unsere waldlerische Mundart als „gschead“
bezeichnet oder sich gar ihrer schämt. Unsere Sprache ist sowenig „gschead“ wie
irgendeine andere. Ihre lautmalerische Kraft, ihre holzschnittartige Präzision,
ihre Kürze ist wunderbar - auch wenn in unseren Ohren das Hochdeutsche oder das
Salonbayerisch vornehmer klingt, doch was heißt schon vornehm Redet, wie euch
der Schnabel gewachsen ist, schämt euch nicht, um Gotteswillen! Schämen müsst
ihr euch nur dafür, dass ihr euch für unsere Muttersprache schämt! Neulich
warnte jemand vor Mundartförderung, weil sich darin Ausländerfeindlichkeit
zeige. Da kann man sich nur gegen die Stirn tippen, in einem Land in dessen
Hauptstadt noch zwei Prozent der Kinder die Landessprache sprechen.
[zu
Opus 448]
Wasserflächen
beruhigen die Nerven, sie sind eine Wohltat für die Seele. Es ist nicht alleine
ihre Schönheit, sie sind eine große Wasserwaage, die uns ausrichtet.
[zu
Opus 450]
Zuhören
können - einen besseren Gradmesser für psychische Gesundheit und menschliche
Reife gibt es nicht, denn diese Fähigkeit setzt soviel voraus: Interesse für
den anderen, Geduld, Wertschätzung. Und es gibt auch kaum eine bessere
Therapie, eine bessere Medizin für so viele Leiden, wie ein Mensch, der ein
Stück seiner Lebenszeit hingibt und zuhört. Im übrigen
gibt es auch keine Eigenschaft, die beliebter macht.
[zu
Opus 451]
Und
sprich nur ein Wort, dann wird meine Seele gesund! Ich habe diesen Satz immer
für eine Phrase gehalten. Doch das richtige Wort zur rechten Zeit kann gesund
machen oder krank. Worte heben den Menschen aus dem Tierreich, geben Kraft,
können alles schaffen und alles zerstören.
[zu
Opus 453]
Ach,
keiner der Kandidaten will mir gefallen! Der eine ist eine populistische
Marionette, der andere ein Angeber und der Dritte will nur Karriere machen!
[zu
Opus 454]
Wir
möchten gerne ewige Wahrheiten, unser Haus auf Felsen bauen und Sicherheit für
alle Zeit. Darum lässt sich mit nichts so gut Geld verdienen, wie mit dem
Gefühl von Sicherheit. Wer lebt nicht alles von dieser tiefsitzenden Angst!
Versicherungen, der staatliche Sicherheitsapparat, die Kirchen und eine
ziemlich umfangreiche Zulieferindustrie...
[zu
Opus 455]
Nichts
hilft besser gegen eigenes Lamentieren als ein Beruf, in dem einem den ganzen
Tag andere vorjammern.
[zu
Opus 456]
Auf
dem Hühnerhof herrscht bekanntlich Hackordnung. Es gibt Hennen, die alle
anderen hacken dürfen und schließlich, fein abgestuft, eine Henne, die von
allen gehackt wird. Nichts erbärmlicheres gibt es,
wenn es unter Menschen genauso zugeht. Doch ist es wohl keine Übertreibung,
wenn ich feststelle, dass es in manchen Familien so ist, in vielen
Schulklassen, im Kindergarten, in Vereinen, Betrieben, den Kasernen, ja
selbst in jenen Teams, die sich gut nennen. Selten findet man Menschen, die
bescheiden und sanft nach „unten“ sind und stolz nach oben. Doch das ist kein
Wunder, den katzbuckeln lohnt sich eben.
[zu
Opus 457]
Schwer
verdient sich sein Geld, wer Skrupel hat und Ideale,
reich werden kann ein solcher Mensch niemals.
[zu
Opus 458]
Gut,
dass Gedankenlesen keine sehr verbreitete Kunst ist, denn manchem würde das
aufgesetzte Lächeln einfrieren.
[zu
Opus 464]
Wenn
ich daran denke, wie ich einmal ernsthaft daran geglaubt habe, dass man dieses
entartete Geschlecht nackter Affen, die sich Menschen nennen, zur Besinnung
bringen kann und ich dabei mithelfen muss, kann ich mich nur wundern. Heute
weiß ich nicht einmal mehr, auf was sie sich besinnen sollen. Die Menschen
sind, wie sie sind, es gibt gute und schlechte, je nach Standpunkt und wenn man
diesen wechselt, sind die guten schlecht und die schlechten gut.
Ich
ereifere mich zwar immer wieder und poltere über die Borniertheit, Ichsucht und
Gier der Leute, doch manchmal meine ich, dass es egal ist, ob ich mich ereifere
oder nicht.
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Opus 466]
Die
Natur ist sparsam, was nicht nötig ist, wird unerbittlich eingespart. So ist es
mit unseren Muskeln und Knochen und unserem Denkvermögen, was nicht gebraucht
wird, verkümmert, wird abgebaut, rostet ein. Aber auch beim Blühen und Singen
meine ich zu erkennen, dass die Natur es nicht aus Übermut macht: Blühen und
Singen tut nur wer es nötig hat.
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Opus 467]
Was
wäre ein Mensch ohne Verein Allein, allein, allein!
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Opus 469]
Mir
läuft die Gänsehaut allein bei der Vorstellung, mich in eine Partei oder einen
Verein einbinden zu müssen. Ich ertrage kein Geplapper, ertrage nicht zuviel
von dem, was man gemeinhin als Gemütlichkeit bezeichnet, ich verabscheue jede
Art von Korpsgeist und mag die Menschen als Einzelexemplare am Liebsten. Nur
einzeln kann man ihren Wert erfassen, kann man wirklich mit ihnen sprechen,
kann man ihnen wirklich nahe sein. Ich habe es unzählige Male erlebt: sobald
sie in der Gruppe sind, werden Schafe zu Wölfen und Wölfe zu Schafen.
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Opus 470]
„Ist
das all mein Wert“ So fragt keine Raupe, wenn sie ihre Spur betrachtet, das ist
eine Menschenfrage, eitel und blöd.
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Opus 472]
Das
Leben in unseren Breiten war immer von der Vorsorge für den Winter bestimmt.
Heute haben die meisten Menschen keine Vorräte, denn alles gibt es auf den
Märkten zu jeder Jahreszeit zu kaufen. Noch niemals zuvor haben Menschen ihr
Schicksal so vollständig in fremde Hände gelegt. Manche nennen das Freiheit,
doch üblicherweise bezeichnet man Abhängigkeit und Ausgeliefertsein als
Unfreiheit.
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Opus 473]
Bevor
meine Tiere ihren eigenen Trog leeren, versuchen sie erst noch etwas aus dem
fremden Trog zu erhaschen - was man hat, das hat man! Außerdem: die anderen
könnten etwas besseres haben. Auch uns Menschen dünken
fremde Weiden immer grüner als die eigenen, und über unsere Hort- und
Gewinnsucht kann man tagelang lamentieren.
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Opus 474]
Alleine
unsere Erinnerungen besitzen wir wirklich. Auch aus dem Grund soll man sein
Leben so leben, dass man gerne zurückdenkt, ohne sich schämen zu müssen.
Alleine dafür lohnt es sich gut und mutig zu sein.
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Opus 475]
Das
Leben wird mit den Jahren enger. Wenn man auf die Welt kommt, hat man alle
Möglichkeiten, zumindest grundsätzlich. In dem man sich für das eine oder das
andere entscheidet, wird der Kreis der Möglichkeiten kleiner. Die Antworten,
mit denen die Welt das Tun beantwortet, bestimmt zudem das zukünftige Tun.
Viele Träume und Ideale schlägt einem die Erfahrung aus dem Kopf. Und trotzdem
reicht, was übrigbleibt, für ein gutes Leben.
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Opus 476]
Harmonie
streichelt die Seele, wenigstens ab und zu sollten wir freundlich zueinander
sein, ohne jede Spitze. Hilfreich ist dabei die Vorstellung, dass es vielleicht
die letzte Chance ist, sich mit jemandem vertragen zu können.
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Opus 477]
Die
Gesellschaft verachten und nach ihrer Anerkennung heischen - ein Widerspruch in
sich.
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Opus 478]
Ziegen
kommen vergleichsweise knöchrig daher, die Armen! Kein Zweifel, sie haben
Hunger und so bemühen wir uns ihnen mitleidig Speck auf die Knochen zu füttern.
Doch sie tricksen uns aus, denn das Fett sammeln sie extra und verbergen es in
den Körperhöhlen. Es scheint, sie fahren gut damit. Es empfiehlt sich geistigen
Speck ähnlich still zu verwahren. Ich selber habe mich leider nie daran
gehalten.
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Opus 479]
Ach,
warum begehren wir immer, was wir nicht haben Und warum stoßen wir oft gerade
die Menschen zurück, die uns lieben Im Bayerischen nennt man lieben spinnen.
Damit ist alles gesagt. Und welche Therapie gibt es Nietzsche meinte, gegen
Liebe helfe nur Gegenliebe.
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Opus 480]
Je
beschränkter einer ist, um so protziger ist sein Auto.
Ein Spaßvogel behauptete, das Gehirn schrumpfe im selben Maß wie der Hubraum
sich vergrößert.
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Opus 481]
Die
Allgäuer nennen ihn den bayerischen Wind, jenen trockenen Ostwind, der für
schönes Wetter sorgt und schneidend kalt sein kann. Wir Waldler nennen diesen
Wind den böhmischen. Und die Böhmen Heißt er dort „russischer Wind“ Und wie
nennen diesen Wind die Chinesen
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Opus 482]
Solange
einer noch darüber lachen kann, dass er in der Bredouille steckt, ist noch
nichts verloren. Überhaupt - Schlamassels größter Feind ist das Lachen!
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Opus 484]
Der
neue Mann soll sanft sein, geduldig, gehorsam, pflegeleicht, attraktiv,
beherrscht, großzügig, fleißig in Beruf und Haushalt, brauchbar für grobe
Arbeiten, weil körperlich stark und willig, usw. Manche Frauen schmücken sich
mit seiner Begleitung, er ist ihnen eine Art Trophäe... Nicht wenige Frauen
gibt es, die hätten den Mann am liebsten als eine Art Neutrum. Und der Mann
soll sie nur als Person lieben und nicht als Weib an sich. (Aber dieses
Verhalten gegen alle Natur hat ja auch der bekannte Nazarener gefordert, was
viel über seine Kenntnis der Welt aussagt). Und wehe, bei einem Mann blitzt zur
Unzeit sein Geschlechtstrieb auf! Wundert sich ernsthaft jemand darüber, dass
männliche Impotenz immer mehr zunimmt und Potenzmittel weltweit ein so großes
Geschäft sind
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Opus 487]
Unsere
Zivilisation steht auf papierenen Füßen: sie druckt kleine Papierzettel mit
Zahlen darauf und wir alle tauschen unsere Lebenszeit dafür, gründen unsere
Existenz auf die Hoffnung, dass alle an den Wert dieser Papierzettel glauben.
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Opus 489]
Alleine
die Unbeständigkeit hat Bestand.
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Opus 490]
Mit
etwa zwanzig Jahren wusste ich alles ganz genau. Mit fünfundzwanzig wusste ich
alles noch besser und zehn Jahre später waren mir viele der alten Gewissheiten
weggebrochen. Nun, weitere zehn Jahre später, lasse ich fast alles gelten, nur
mit denen, die alles genau zu wissen vorgeben, habe ich meine Probleme.
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Opus 492]
Vieles
von dem, was uns antreibt, ist keine Sache des Verstandes, auch wenn wir uns
das gerne einreden. Verborgene Drüsen schicken Botenstoffe ins Blut und erzeugen
in uns eine biochemische Suppe, die uns zu Taten aufputscht. Kopf und
Konvention steuern zwar dann die Form unseres Tuns (und dieses wiederum wirkt
durchaus auch auf jene geheimnisvollen Drüsen), doch nicht wenige zerbrechen am
Widerspruch zwischen unserer Natur und der Menschenkultur.
Maskuline Protzerei, spottete eine kluge Frau, als sie vom
Titel dieses Liedes hörte. Doch wer wäre so blöde mit etwas zu protzen, für das
er nichts kann Dass uns Botenstoffe von Drüsen antreiben und nicht nur unser
vielgepriesener Verstand – diese Wahrheit passte auch lange nicht in mein
Weltbild. Natürlich ist das keine leichte Erkenntnis, dass es nicht nur unser
Geist ist und unser Charme, der uns täglich aufs Neue zueinander treibt und uns
Dinge tun lässt, über die unser Verstand lacht, in den seltenen hellen
Momenten, wenn sich die hormonellen Wildwasser verlaufen haben...
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Opus 494]
Kein
Diebstahl schmerzt mich mehr, wie der von Lebenszeit. Ich spüre es sofort, wenn
mir die Zeit gestohlen wird.
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Opus 495]
Wir
sind nun mal Augenwesen und so haben Blender mit uns leichtes Spiel.
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Opus 496]
Immer
neue Etikettierungen für alten Käse! Gaukelei und Phrasen - gepaart mit
Hartherzigkeit, Lust an der Macht und lupenhafter Weltsicht! Viele leben davon
nicht schlecht, wenn man den materiellen Ertrag als Maßstab gelten lässt.
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Opus 497]
Ich
weiß was im Hühnerstall abläuft, kenne das Treiben von Ziegen, Pferden und im
Bienenstock und ich weiß, wie es in Firmen und Behörden zugeht. Warum wohl
ziehe ich in meiner Freizeit die Gesellschaft der Tiere vor
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Opus 498]
Viele
Leute bestehen nur aus Phrasen, aus fertigen Sätzen, die scheinbar ohne
Beteiligung des Gehirns den Mund verlassen.
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Opus 499]
Der
Tod geht uns nichts an, wenn er da ist, sind wir nicht mehr da. Diese Weisheit
des Epikur soll uns trösten. Mich tröstet sie auf jeden Fall mehr als die
Aussicht auf den katholischen Himmel, bevölkert von Pharisäern und Philistern.
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Opus 502]
Was
wäre uns das Licht ohne Augen und die schönste Musik ohne Ohren Was wäre ich
ohne dich Ein Narr, der um sich selber kreist.
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Opus 503]
In
einem Wassertropfen spiegelt sich die ganze Welt. Und welche Vielfalt an
Möglichkeiten bietet mir erst die Welt, die mich umgibt! Nicht den tausendsten
Teil kann ich nützen, nicht den tausendsten Teil kann ich mit den Menschen die
ich liebe ausprobieren und genießen. Was soll also einer wie ich in Barcelona
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Opus 504]
Nein,
es reizt mich nicht in die großen Städte dieser Welt zu reisen. Nichts gibt es,
was ich nicht auch zu Hause haben könnte. Die Menschen in den Flugzeugen, die
mir den Himmel über meiner Weide mit ständigem Gewittergrollen füllen, sind
moderne Flüchtlinge, Getriebene, über deren Atmosphäre zerstörenden Egoismus
ich zwar fluche, die mir aber doch auch sehr leid tun. Aber auch ein wenig
Glück schenken, Glück, das aus der Erleichterung stammt, dass ich nicht in dem
Flugzeug sitzen muss.
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Opus 505]
Ich
könnte nur Mitglied in der „Anti-Partei-Partei“ sein, aber so eine Partei wäre
ja ein Widerspruch in sich. Und doch dachte ich schon manchmal daran eine
Partei zu gründen, die Bürokratismus und staatliche Willkür bekämpft, den
Korpsgeist, die Ideologien, die Fraktionszwänge und den Hochmut der Parteien,
eine freisinnige, individualistische und doch auch soziale Toleranz-Partei
würde mir gefallen!
Aber
wie lange würde es dauern und diese Partei wäre ebenfalls beherrscht von
Vereinsmeiern, Biedermännern und Fanatikern, die Entwicklung dahin läuft
scheinbar nach einem Naturgesetz ab, siehe die Entwicklung bei den Grünen. Ich
habe deren Entwicklung schon Anfang der achtziger Jahre befürchtet und immer
gehofft, dass ich mich täuschen möge. Und schon damals kritisierte mich ein
Freund und forderte mich auf mit in die Partei zu gehen und Fehlentwicklungen
mit zu verhindern helfen und nicht nur pessimistisch zu unken... Doch mein
Egoismus hat mich davor bewahrt mich auch noch an dieser Front zu verheizen,
die Last und Verantwortung meines Berufes genügten mir vollauf.
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Opus 507]
Ab
einem gewissen Alter kann man nicht mehr aus seiner Haut. Ein unehrlicher,
falscher Mensch wird einen immer wieder enttäuschen, auch wenn er gelegentlich
einen leutseligen Tag hat. Dies ist eine bittere und – zugegeben - eine vereinfachende
Erkenntnis, aber sie ist nichts weniger als wahr.
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Opus 509]
Die
Überheblichkeit der Menschen gegenüber den Tieren ist ihr größtes Verbrechen.
Was Menschen ihren Mitgeschöpfen antun, disqualifiziert sie als „Krone der
Schöpfung“. Kein Wesen hat je grausiger und perverser gehandelt.
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Opus 512]
Immer
wieder gab es Menschen, die ein einfaches, naturnahes Leben erstrebten. In den
Augen der Gesellschaft waren sie Sektierer und wunderliche Gesellen, die sich
von einem Extrem ins andere stürzten und deshalb häufig, zur Freude und zum
Gespött der Beobachter, scheiterten. Doch manche haben sich vorsichtig und mit
Verstand zu einem einfachen Leben vor – nicht zurück!! - bewegt und ihre
Erfahrungen sind Schätze, unendlich mehr wert als aller
gesammelter Mammon. Zukünftige Generationen werden die Schätze heben und
ein naturnahes Leben selber ausprobieren, weil es sie sonst nicht geben wird.
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Opus 513]
Wäre
das Leben endlos, was wäre es dann wert Gerade die schreckliche Gewissheit des
Todes macht es so wertvoll. Man möchte meinen, dass die Kunst ein gutes Leben
zu leben der Menschen wichtigste Wissenschaft wäre, doch weit gefehlt. Sie
beschäftigen sich mit dem größten Mist, nur ja nicht mit dem Leben. Aber
vielleicht ist gerade das ihre Lebenskunst.
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Opus 515]
Ich
kenne arme Menschen, die laufen dauernd zum Doktor und bekommen Medikamente
verschrieben für horrende Summen. Es würde ihrer Gesundung mehr dienen, würde
ihnen der Arzt das Geld, was die Medizin kostet, bar auf die Hand geben.
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Opus 516]
Ich
liebe den Frieden, die Ruhe und alles Harmonische. Und ich liebe es zu denken
und zu debattieren. Bisher hat das auch immer ausgereicht, niemals im Leben habe
ich physische Gewalt gebraucht und ich hatte es mit den wildesten Kerlen zu
tun. Und doch denke ich gelegentlich, dass ich im heiligen Zorn auch zu
Affekten fähig bin, die mein Kopf verspottet. Und so will ich halt ein wenig
mit dieser Erregbarkeit kokettieren und hoffen, dass ich niemals eine Axt gegen
jemanden schleudern muss.
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Opus 517]
Eltern
können nichts Sinnloseres tun, als ihren Kindern alle Steine aus dem Weg
räumen, damit sie sich ja nicht daran stoßen. Besser ist es sie an das
Unveränderliche zu gewöhnen (da die Wege auf dieser Welt steinig sind) und
ihnen zu lernen, wie man die Steine wegräumt oder ihnen ausweicht oder sie
zerschlägt oder an Ort und Stelle vergräbt. Oder sie sammelt und mit ihnen sein
Haus baut.
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Opus 518]
Der
Sauerteig Kommerz durchsäuert die ganze Erde, „Globalisierung“ nennt man
beschönigend diese Form des Krieges, der ohne Kanonen geführt wird, zumindest
solange, wie sich keiner dagegen wehrt. Das Alte wird verdrängt - und ich bin
der Letzte, der darin nur Bedauernswertes sieht. Doch das Neue ist meist
langweilig, uniform und so verarmt die Welt. Statt kultureller und regionaler
Vielfalt: Mac Donaldisierung. Und es werden die gewachsenen Strukturen und
Kulturen zerstört, und es gibt eine Anpassung auf niedrigsten Niveau: im
Sozialen und im Ökologischen.
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Opus 519]
Ich
liebe dich, nicht immer wie ein liebestoller Schüler, aber immer wieder doch so
ähnlich. Vor allem, wenn ich spüre, dass die Welt leer wäre ohne dich.
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Opus 520]
Nie
drohte mir von einem wirklich Starken Gefahr, immer
waren es die Schwachen, diejenigen, in die ich soviel Hoffnung gesetzt habe,
die intrigierten und meine Schwächen zu ihrem Vorteil ausnutzten.
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Opus 521]
Du
setzt dich ein für andere, riskierst deine Existenz – raffst quasi wie jener
Landsknecht auf dem alten Gemälde die gegnerischen Spieße mit den Armen
zusammen und versenkst sie in deiner Brust, damit deine Nebenleute angreifen
können – doch niemand nutzt die Chance und so stehst du ziemlich blöd und
allein da, mit den Spießen in der Brust... Und das Schlimmste: die, für die du
dich meintest einsetzen zu müssen, lachen mit dem Gegner und du kommst dir vor
wie ein Vollidiot....
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Opus 525]
Eine
der größten Illusionen ist es, dass ein Vorgesetzter wirklich etwas zu sagen
hat, zumal wenn er Frauen vorgesetzt ist. Ich höre zwar, wie diese jetzt lachen
und auch ein paar halbherzig protestieren, doch im Großen betrachtetes ist es
so. Du machst einen Plan und alle machen so weiter wie immer.
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Opus 527]
Die
stärkste Wirtschafts- und Militärmacht der Erde wird gleichsam von
todbringenden Wespen gestochen, doch sie hat zu ihrer Verteidigung keine
geeigneten Waffen, ihr ganzes Overkill-Potential hilft nichts und wenn sie es
doch einsetzt ist es, als würde einer mit einem schweren Hammer nach den
Angreifern hauen, die auf dem eigenen Körper sitzen, so dass man mit jedem
Treffer auch sich selber trifft und zerstört. Gegen die modernen Bedrohungen,
nicht nur den schrecklichen Terrorismus, helfen keine Massenvernichtungswaffen,
sondern allein das Bemühen um eine gerechte Welt mit aufgeklärten Menschen, in
der alle ihr Auskommen haben.
Manche
bangen ihren Lebtag lang, dass sie sich durch unbedachtes Reden oder Handeln
irgend einen Schaden zufügen könnten und so sind sie wie die Hasen :
Wegducken und nach einer Weile wieder die Ohren spitzen. Mir wär das zu langweilig,
was nicht heißt, das ich nicht auch das feige Hasenglück kenne und immer wieder
auch genieße, doch allzu lange halte ich das Kauern in der Kuhle nicht aus und
es verlangt mich nach dem rauen Wind, damit ich die Nase hineinstecken kann.
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Opus 532]
Mancher
will so vieles tun und sagen, doch erst morgen, wenn er Zeit hat und keine
Repressalien befürchten muss. Doch wenig fällt mir ein, was man wirklich
verschieben kann: keine Gedanken, keine Kunst und erst recht kein mutiges Wort,
das heute gesagt werden muss.
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Opus 533]
Mancher
Mann, der in alltäglichen Dingen immer bedient wurde, dem fallen viele Arbeiten
erst auf, wenn sie ihm plötzlich niemand mehr macht. Aber Jammern wäre da doch zu albern, selbst ist der Mann!
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Opus 536]
Wo
gibt es bei Rindviechern noch den Natursprung Man ruft den Besamer und der hat
den neusten Supersamen im Angebot, wer braucht da noch einen Stier Und solange
der Milchaustauscher billiger ist als Milch, werden die Kälber gleich von der
Mutter getrennt. Aber das gibt es auch noch immer unter Menschen, dass Babys
die Muttermilch vorenthalten wird. Gab es je hartherzigere Wesen als uns
moderne Menschen
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Opus 537]
Je
unsicherer das Leben wird, umso mehr Versicherungen werden verkauft. Aber
offenbar muss der Mensch an irgendetwas glauben. Wenn`s schon manchmal keine
Götter mehr sind, dann wenigstens Assekuranzen...
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Opus 538]
Feinfühlende
Menschen wünschen sich manchmal einen Lautstärkeregler an den Ohren, eine
rosarote Brille, pfundweise Lethargie oder einfach nur die Idylle, weil die
Wirklichkeit zu sehr schmerzt. Doch ob sie wirklich tauschen würden, mit einem
abgestumpften Zeitgenossen, das bezweifle ich dann doch sehr.
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Opus 539]