5.3.06 Energie vom
Acker
Ein neuer Wahnsinn hat dieses Land befallen! Renommierte TV- und Printmedien
schwärmen von der "Energie, die nie versiegt!“ und loben die damit zu
gewinnende "Unabhängigkeit“ von fremden Öl- und Gasliferanten.
Sie meinen damit Energie vom Acker, wo imer öfter Getreide, also quasi
Brot, in Heizwärme, Strom oder Kraftstoff verwandelt wird. Selbst bekannte
Moralisten, wie Franz Alt, werben auf ihrer Webseite dafür und auch
viele ökologisch sich gebende Politiker rühren die Werbetrommel.
Von den Bauern und ihren Lobbyisten gar nicht zu reden, kein Wunder, weil
sich für sie das Ganze rechnet. Doch schon heute ist unser Land der
größte Importeur von Nahrungsmitteln und wie es aussieht, wird
unsere Abhängigkeit von fremden Erzeugern weiter zunehmen. "Das muß
so sein!“, sagt unsere exportabhängige Industrie im Einklang mit den
Produzenten. "Wie sollen diese Länder unsere Waren kaufen können,
wenn wir nicht ihre Agrarprodukte kaufen?“
Dass dies auch von der Weltbank gefordert wird, ist klar, denn die vertritt
die reichen Industrieländer. Doch sogar die UNO fordert den Abbau von
Handelshemmnissen und verschwendet offenbar keinen Gedanken über den
Raubbau in den Tropen und Subtropen, nicht über die Energieverschwendung
und die sozialen und ökologischen Verwerfungen, die mit den globalen
Nahrungsverschieberein verbunden sind, und nicht über den Umstand, dass
in Hungerländern die Großgrundbesitzer und ihre korrupten Regierungen
der eigenen Bevölkerung die Nahrung entziehen, um für den Erlös
Luxusgüter; Maschinen und Waffen zu kaufen. Ein Großteil dieser
Exporte ist aber durch den Zwang zum Schuldendienst bedingt, ein Instrument,
das die Peitsche der Kolonialherrn abgelöst hat.
Allein die 12 EG-Staaten haben 1990 fast 30 Mio t Futtermittel aus
Entwicklungsländern importiert, die als Grundnahrungsmitteln der dortigen
Bevölkerung abgehen. Dazu produzieren die Landbesitzer auf wertvollen
Flächen eine Vielzahl von anderen Produkten für den Weltmarkt,
etwa Kaffee, Tee, Kakao, Tabak, Baumwolle u.v.m.
Vor diesem Hintergrund ist der Getreideanbau zur Energieversorgung bei uns
schon sehr makaber.
1940 wurden pro verbrauchter Kalorie bei der manuellen Feldarbeit noch etwa
zweieinhalb Kalorien an Nahrungsmitteln erzeugt, 1974 betrug das Verhältnis
bereits 1:1. Ich weiß nicht ob bei dieser Berechnung bereits die
Energieverschwendung für die globalen Transporte der ersatzweise
eingeführten Lebensmittel berücksichtig wurden. Falls nicht, dann
wird die Energiebilanz noch haarstreubender. In jedem Fall verbraucht diese
Katastrophen-Ökonomie mehr Energie
verbraucht, als sie erzeugt.
Unsere Landwirtschaft produziert
derzeit jährlich Güter für 65 Mrd. DM und verursacht
Umweltschäden mit entsprechenden externen Kosten in Höhe von 80
bis 100 Mrd. DM je nach Quelle. Das ist die "Leistung“ der Ökonomen.
Sie haben nur die kurzfristige Gewinnmaximierung des Einzelbetriebes im Auge
gehabt, nicht aber die langfristige Nutzenmaximierung für die
Gesellschaft.
Es scheint eine Forderung gleichermaßen der Vernunft und der Menschlichkeit
zu sein, erst Energiepflanzen anzubauen, wenn der Hunger besiegt ist und
durch regionales Wirtschaften überhaupt so etwas wie Energie-Effizienz
herausspringen kann. Bis dahin sollten wir uns mit der Nutzung von Holz,
organischen Abfällen aller Art, Mist und Gülle begnügen, was
aber sowieso zu einer beachtlichen Energiemenge führt. Ferner ist es
sinnvoll Grasschnitt, der bei der Landschaftspflege anfällt, zu
vergären und in Methangas umzuwandeln, wenn es nicht als Nahrungsgrundlage
für Wild- und Weidetiere dient, was in jedem Fall vorzuziehen ist.