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Geiss Haejm

12 Regeln für eine vernünftigere und lebenswertere Welt

1.

Weltweites Abschaffen des Zinseszinssystems, das die Ursache für den Zwang zu ständigem Wachstums ist, die Lebensgrundlagen der Erde zerstört und die Menschen versklavt. Verbot des Börsenhandels.


Was gedanklich hinter dieser Regel steht

In vielen Religionen war der Wucher, also das Verleihen von Geld gegen Zinsen, verboten, weil es gegen ethische Grundsätze verstieß und weil man die katastrophalen Wirkungen kannte. Die Geschichte vom "Josefspfennig" kann bildlich verständlich machen, dass der Zinseszins nicht nur moralisch, sondern auch mathematisch der reine Wahnsinn ist. Um was geht es dabei? Wenn Josef, also Jesus Vater, für seinen Sohn einen Pfennig auf der Bank zu 5 Prozent Zins angelegt hätte, wäre nach 2000 Jahren daraus ein Vermögen entstanden, das einigen Erdkugeln aus reinem Gold entspräche. Das Prinzip des Zinseszins ist also völlig irrwitzig und so kann es nicht wundern, dass alles, was auf ihm baut, es nicht weniger ist.

Jesus selber sagt man nach, dass er die Kaufleute, Geldwechsler und Wucherer aus dem Tempel gejagt hat, was ihn vermutlich dann auch ans Kreuz gebracht hat, denn damit hatte er die Axt an die Grundfeste der Priesterherrschaft gelegt, ihren einzigen Gott beleidigt: das Geld!

Jesus verlangte Eigentumslosigkeit von seinen Anhängern. Sätze wie: "Man kann nicht Gott dienen und dem Mammon", oder "Bevor ein Reicher in den Himmel kommt, geht ein Kamel durch ein Nadelöhr" usw. sind an Deutlichkeit kaum zu überbieten. Um so unverständlicher, dass ausgerechnet im christlichen Kulturkreis der Kapitalismus mit seiner Geldherrschaft entstand, bzw. nach antikem Beispiel weitergeführt wurde. Jesus brauchte man als Etikettierung der Mogelpackung. Aber das kann man auch an anderen Beispielen finden, es scheint geradezu ein Erkennungsmerkmal zu sein, dass sich das Verwerfliche immer hinter Gutem tarnt.

Mir selber gehen Jesus Forderungen zu weit, weil es anscheinend zur menschlichen Natur gehört, dass man erst einmal an sich und die seinen denkt und nur das pfleglich behandelt, was einem auch gehört. Ich sage nicht, dass moralisch entwickelte Menschen nicht auch anders können, denn das selbstgewählte Eigentumslosigkeit zumindest funktionieren kann, wurde schon öfter bewiesen. Doch nur weil manche Leute zu manchen Zeiten zwei Meter hoch springen können, darf man das nicht von allen erwarten oder gar verlangen, zumal es dafür auch keinen vernünftigen Grund gibt. Eigentum ist m. E. aus vielen Gründen unverzichtbar und ist auch solange kein Problem, solange der Erwerb jedem möglich ist und genug davon da ist. Da Eigentum heute sehr ungleich verteilt ist (in Deutschland besitzt etwa ein Prozent der Bürger 50 Prozent allen Vermögens, in anderen Ländern ist es noch extremer), ist eine gerechtere Verteilung dringend anzustreben, damit die Völker nicht in immer neue Klassenkämpfe fallen, an deren Ende nur Diktaturen entstehen,Vernunft und Frieden scheinen mir so unmöglich zu erreichen sein. Anders als manche Sozialisten sehe ich aber in Verstaatlichungen keine Lösung, denn dem Staat muß man erfahrungsgemäß noch mehr mißtrauen, als privaten Besitzern, denn zumindest in der bisherigen Geschichte haben sich Staaten, die eigentlich nur Mittel zum Zweck sein soll, immer wie der Zweck selber aufgeführt und die Bevölkerungen, um die es eigentlich gehen sollte, immer nur verwaltet, entwürdigt und betrogen.

Ich fordere also deshalb keine Verstaatlichung der einseitig verteilten Reichtümer, nicht nur weil mir jede Gleichmacherei zuwider sind, sondern weil ich die Kraft und den Antrieb, der Eigentum erwächst, kenne. Aber noch wichtiger scheint zu sein, dass die Verfügungsgewalt über Besitz auch Verantwortung und Zufriedenheit schenkt. Diese Kräfte sind aber nicht nutzbar zu machen, wenn der Besitz völlig unsinnig in den Händen weniger gehortet wird, er muß also breiter und damit gerechter gestreut würden. Man könnte z. B. maßloses Horten von Besitztümern durch Sonderbesteuerung unattraktiv machen und so vielleicht zu ihrer gerechteren Verteilung beitragen. Ob die Einsicht, dass ab einer gewissen Größenordnung Besitz unsinnig wird, die Besitzenden dazu bringt, etwas abzugeben, ist andererseits aber auch nicht zu erwarten. Es müssten Spielregeln durchgesetzt werden, die das Horten über jedes vernünftige Maß hinaus unmöglich machen.

Es wäre schon viel, vielleicht sogar Entscheidendes gewonnen, wenn das Zins- und Zinseszinssystem abgeschafft würde. Zum einen wäre der Automatismus weiterer Konzentration von Kapital wenigstens teilweise unterbrochen und die Schere zwischen Habenichtsen und Reichen ginge nicht mehr automatisch immer weiter auseinander. Wenn gespeichertes Kapital nicht mehr automatisch wie eine Kuh Milch gibt, mit der man immer neue Kälber mästen kann, dann würde Kapital seine Attraktivität verlieren und keine Schuldner mehr versklaven und so den heutigen Parasitismus erschweren. Man möge auch bedenken, dass heute bereits die Hälfte aller Preise für Güter aus Zinszahlungen bestehen, die im Laufe des Produktions- oder Verteilungsprozesses anfallen. 

Um die Zockerei mit Geld, die nicht nach Sinn oder Verträglichkeit fragt, zu beenden, sollten die Börsen geschlossen werden, denn diese regieren faktisch diese Welt, mit keiner anderen Legitimation, als der des Geldhabens. Die Börsen sind Spielhallen nicht unähnlich, es geht dort um kurzfristigen Gewinn, nicht um Sinn und Nutzen für die Menschen und die Welt. Der Zeitrahmen, in dem gedacht wird, geht nur bis zum nächsten Quartalsbericht. Es ist so, als würden Kurzsichtige, die nur bis zum Scheibenwischer sehen, ein Fahrzeug lenken.

Natürlich kann auch ich nicht sagen, wie sich die geforderten Maßnahmen auswirken würden und ob die erhofften Verbesserungen wirklich eintreten würden oder ob die menschliche Hortsucht, die ja ursprünglich lebensnotwendig war und es in einem bestimmten Maße auch heute noch ist, nicht Auswege findet und alles noch schlechter wird.