Herzlich willkommen auf den Seiten des niederbayerischen Barden Geiss Haejm! © www.edition-baam.de
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Leseproben
aus
dem
"Gedankenbuch des Geiss Haejm"
("Reimlose Gedanken aus meinem fünften und sechsten Jahrzehnt")
Über Klugheit
oder was man heute so nennt
Die Klugheit, die heute so nachdrücklich
gefordert wird, ist jene Klugheit, die unsere Welt dorthin gebracht hat,
wo sie heute ist. Es ist die Klugheit, die imer neue Wüsten schafft,
die Arten vernichtet, die die Erde, die Luft und das Wasser vergiftet, das
Klima zerstört, die eine Milliarde Menschen hungern lässt, die
es in unmenschlichen Fabriken und Kasernen aushält, die den
Bürokratismus immer weiter aufbläht, die ohne nach Sinn und Nutzen
zu fragen an den Börsen spekuliert und die Waren herstellt und handelt,
die eigentlich niemand braucht. Es ist auf keinen Fall die Klugheit, die
diese Welt dringend bräuchte.
Alles wird trivial und abstossend durch
Kommerzialisierung, selbst die göttlichste Musik, die originellste Malerei,
die edelsten Gedanken. Anderes, wie etwa die Gastfreundschaft, verschwindet
sogar gänzlich.
Über Schuld
Das erste Land, das die Nazis erobert haben,
war Deutschland, stellte Brecht fest. Wer die Spiegelserie über die
systematische Propaganda der Nazis gelesen hat, bekommt als Nachgeborener
in etwa eine Ahnung davon, wie das vor sich ging. Die deutsche Bevölkerung
wurde mit allen Mitteln der Werbepsychologie verführt, mit beispielloser
Raffinesse und Professionalität, das Verkaufsprodukt: Hitler! Gleichzeitig
wurde ein Terrorregim errichtet, dessen schlimmste Knüppel die gegenseitige
Bespitzelung und die Sippenhaftung war. So wurde jeglicher Widerstand schon
im Keim erstickt, denn wer lässt schon seine Familie für sich
büssen? Zudem bekam nur der Arbeit und Brot, der sich unterwarf. Dennoch
waren die ersten KZs voll von Oppositionellen, von Sozialdemokraten, Christen
und Kommunisten. Von diesem alltäglichem Terror gegen die Bevölkerung
wollten die Allierten nach dem Krieg aber nichts wissen. Es waren Deutsche,
die in den KZs entsetzliche Verbrechen begangen hatten und somit war die
Schuldfrage geklärt. Hätte man nach differenzierteren Eigenschaften
der Täter gesucht, dann hätte man diese auch in den eigenen Reihen
gefunden: nationalistische Fanatiker, Rassisten, Komissköpfe, sture
Bürokraten, Duckmäuser, Technokraten, Psychopathen , Waffenfabrikanten,
Geldschieber, Kriegsgewinnler und skrupellose Krämerseelen aller Art.
Aus dieser Sicht ist festzustellen, dass derjenige, der die Verbrechen unserem
ganzen Volk anhängt, im Grunde die eigentlichen Täter tarnt und
schützt.
Von zwei Seiten wurde in den letzten hundert Jahren die Zerstörung
der Familie betrieben: vom Raubtierkapitalismus, der die Menschen zu
austauschbaren, heimatlosen Waren machte und sie presste und lockte dort
zu arbeiten, wo er Kräfte benötigte - und verrückterweise
auch von den Kräften, die sich den Schutz der Menschen auf ihre Fahnen
geschrieben haben, also den sozialen und liberalen Kräften. Heute sind
wir soweit, dass es als Freiheit und Menschenrecht gilt, dass sich Menschen
als Arbeitskräfte für jeden Zweck und jede Tätigkeit
prostituieren, Männer wie Frauen gleichermaßen. Sie
vernachlässigen dafür ihre Kinder und Alten, ihre eigene Gesundheit
und ihre Heimat, also den angestammten Lebensbereich, in dem sich Generationen
vorher um Überleben und Charakter bemüht haben. Ja, sie reißen
in ihrem Wahn fast begeistert noch jene wenigen Wurzeln aus, die ihnen das
unerbittliche Wirtschaftssystem gelassen hat. In anderen Worten: Der moderne
Mensch legt sich selber die übelsten Ketten an und und faselt dabei
wie ein Irrer von Freiheit und Selbstverwirklichung...
Freiheit?
Noch nie zuvor haben auf der Erde soviele
zur Gänze abhängige und unfreie Menschen gelebt. Und ich rede hier
von uns, von den Bewohnern der "reichen" Industrienationen.
Noch nie zuvor waren Menschen so total
von fremder Versorgung abhängig, wie heute. Die allermeisten von uns
hängen "am Tropf" der Supermärkte und Discounter. Jede auch noch
so kleine Kleinigkeit muß für Geld erworben werden, jeder Apfel
und jedes Ei. Und das Verrückte dabei ist, alle fühlen sich frei,
weil sie nicht zu den Hühnern müssen und nicht die Frucht vom Baum
pflücken. Da zeigt sich die sklavische Natur des Menschen und sein Hang
zu Bequemlichkeit und Parasitentum. "Brot und Spiele", das alte römische
Rezept die Massen stillzuhalten, funktioniert auch heute. Geschafft wurde
das durch die Zauberei der modernen Massenmedien, in ihrer freien Zeit sitzen
die Menschen in ihren Wohnkäfigen und stieren auf Monitore, wo immer
wieder ein Ball in Tore zu befördern ist, wo in Gesprächsshows
Banalitäten gesprochen werden, die man früher in der Großfamilie,
im Wirtshaus oder bei der Nachbarin besprochen hat, mit dem Unterschied,
dass man dort mitreden konnte. Auf dem Monitor singen fremde Leute für
einen, werden Geschichten aus fremden Leben gespielt, die meist erlogen sind
und den Zuschauern die Gehirne verändern, bis sie es normal finden ein
so armseliges Leben aus zweiter Hand zu leben und damit ihre eigene kurze
Lebenszeit zu vergeuden.
Räuberbrauch
Das ist bewährter Räuberbrauch:
erst die Menschen bedrohen und ihnen dann gegen Bezahlung Schutz gewähren.
Die Feudalherren haben es so gemacht und nicht anders macht es heute noch
die Mafia. Und die Staaten mit ihren Armeen - ist es da wirklich anders?
Wird deren Notwendigkeit nicht ähnlich begründet?
Nicht weniger clever die Assekuranzen, die
wortreich Schäden ausmalen, um dann ihre Policen dagegen verkaufen zu
können. Ähnlich handeln viele Religionen: sie malen den Menschen
erst den Teufel an die Wand und ängstigen sie mit ewiger Verdammnis,
von der man sich nur durch Unterwerfung retten kann...
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